Mindener Tageblatt: Kommentar zu: Merkel wirft Umweltminister raus / Ende eines Hoffnungsträgers

Unverhofft kommt oft. Hatte Bundeskanzlerin Merkel
noch am Montag erklärt, Norbert Röttgen solle nach seiner
Wahlniederlage in Nordrhein-Westfalen nun weiter als
Bundes-Umweltminister die Energiewende vorantreiben, warf sie ihn
zwei Tage später achtkantig aus dem Kabinett. Solches Schicksal war
in den sieben Jahren ihrer Tätigkeit als Regierungschefin noch keinem
Minister beschieden, was den Vorgang umso bemerkenswerter macht. Was
auch immer die Hintergründe des Sinneswandels sein mögen – sie müssen
schwer wiegen. Denn fachlich war Röttgen, so unvermeidlich streitig
seine Themen wie Atomausstieg, Energiewende, Endlagersuche oder
Klimaschutz auch in der Öffentlichkeit gehandelt wurden, sowohl
kompetent als auch durchaus nicht ohne Ergebnisse. Zudem war er
unbestritten einer der klügsten Köpfe der Union sowie ein Exponent
der Öffnung zu den Grünen, auch wenn die in letzter Zeit von den
Umworbenen immer schnöder zurückgewiesen wurde. Mit seinem
persönlichen Super-GAU in NRW hat der hochbegabte Musterschüler
allerdings seine eigene strategische Bedeutung für Angela Merkels
Politikangebot gewissermaßen pulverisiert, und das eigenhändig. Dass
er die Kanzlerin kurz vor Toresschluss dafür noch in Mithaftung zu
ziehen versuchte, mag der letzte schwere Fehler gewesen sein – der
einzige in diesem durch und durch verkorksten Wahlkampf war es nicht.
Danach war er nicht nur in der Wählerschaft und den ihn als
„sprechenden Anzug“ verhöhnenden Medien verbrannt, sondern auch
innerparteilich. Horst Seehofers öffentlichkeitswirksamem Nachtreten
hätte es vermutlich gar nicht mehr bedurft, um der Kanzlerin
klarzumachen, dass sie mit Röttgens Verbleib im Kabinett einen nicht
mehr satisfaktionsfähigen Negativposten durchzuschleppen gehabt
hätte. Politik ist grausam, sie gewährt nur dem Sieger Pardon.
Norbert Röttgens steile Karriere endete mit einem um so brutaleren
Fiasko. Und das wohl endgültig.

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