Sind dies die Schicksalstage der Berliner
Koalition, ist gar Kanzler(in)dämmerung ausgebrochen? Eher nicht.
Dass die Opposition aus der krachenden Wahlniederlage von
Schwarz-Gelb im Südwesten noch ein wenig Honig saugt, ist zwar
PR-Brauch, trifft die tatsächliche politische Lage allerdings nur
sehr bedingt. Der vielfach bemühte Vergleich mit Gerhard Schröders
Verlust der nordrheinwestfälischen SPD-Stammlande und dem
anschließenden Scheitern bei den daraufhin ausgerufenen Neuwahlen
trägt schon deshalb nicht, weil niemand in der christlich-liberalen
Koalition ans Handtuchwerfen denkt. Natürlich wird es für das
aktuelle Spitzenpersonal der regierenden Parteien ein paar harte
Tage, vielleicht Wochen geben. Bei der Union allerdings ist Angela
Merkel nicht wirklich gefährdet – wer sollte sie in der aktuellen
Situation stürzen, wer sie beerben? Den ihr nun vorgehaltenen
taktischen Schlingerkurs vor den Wahlen haben schließlich selbst
Konservative wie der nun gescheiterte Mappus voller Elan mitgetragen.
Schwieriger wird das Überleben da schon für Guido Westerwelle und
Rainer Brüderle, die deutlich besser zu innerparteilichen Buhmännern
taugen als die CDU-Parteichefin. Auch hier allerdings ist die Frage:
Wer soll es machen? So recht scheinen die Liberalen darauf keine
Antwort zu wissen. Ziemlich sicher scheint dagegen, dass in der
Atomfrage wohl kein Weg zurückführen wird. Natürlich wird an dem
Moratorium festgehalten, aber als Einstieg in den endgültigen
Ausstieg aus dem Wiedereinstieg. Dass Umweltminister Röttgen gleich
auf die Tube drückt, zeigt die Richtung an, in die zumindest die
Union nun endgültig geschwenkt werden soll. Und auch die FDP hat laut
Westerwelle ja „verstanden“. Die Koalition weiß nach diesem
Wahlsonntag endgültig, wie es um sie steht. Will sie nicht nur bis
2013 durchhalten, sondern dann auch ein wettbewerbsfähiges
Wahlangebot machen, wird sie um einen überzeugenden Neuentwurf ihrer
Politik nicht herumkommen.
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