Ende gut, alles gut? Nach dem viele Bürger
irritierenden Rücktritt Horst Köhlers aus nichtigem Grund und dem
noch mehr Bürger verstörenden Gewürge um die Politisches und Privates
vermischende Lebensführung von Christian Wulff, die ebenfalls zu
einem vorzeitigen Rücktritt führte, ist nun Joachim Gauck als 11.
Bundespräsident vereidigt worden. Er rechtfertigte die
Vorschusslorbeeren seiner beispiellos breiten Nominierungsbasis
gleich zum Antritt mit einer präsidialen Rede, die lange Vermisstes
aufscheinen ließ: nämlich das authentische Ineinanderfallen von
politischem Pathos und persönlicher Statur.
Weniger, was er sagte, als wie glaubwürdig er es sagte, machte
hier den Unterschied zur glatt geschliffenen Sonntagsreden-Rhetorik
aus, der repräsentierende Politiker sonst oft schwer entkommen.
Nicht, dass seine Themen nicht mitten ins Herz des Staatsbürgers
zielten: sein Verständnis von Freiheit und sozialer Gerechtigkeit
etwa. Sein Plädoyer für die Integration. Seine dringliche
Aufforderung zum Mitgestalten und Einbringen. Seine Mahnung an die
politische Klasse zu offenem Umgang mit dem Bürger. Seine Ermutigung
zu Europa. Oder seine entschlossene Kampfansage an die rechtsextremen
Feinde der offenen Gesellschaft.
All das gehört zum gemeinsamen Wertekanon der Republik –
selbstverständlich ist er deshalb noch lange nicht. Wenn ein zum
Präsident gewordener Bürger wie Gauck ihn mit dem Gewicht seiner
Biografie wie seiner Ausstrahlung überzeugend als Grundvoraussetzung
dafür einzufordern weiß, dass dieses Land auch seinen Kindern eine
lebenswerte Zukunft hinterlassen kann, wird die Idee des Amtes in der
Person einleuchtend.
Dass sie selbst gemeint sind, ganz direkt, müssen die Bürger
allerdings auch begreifen, jeder für sich. Wie unbequem das ist,
auch. Man darf hoffen, dass Joachim Gauck es im Lauf seiner
Präsidentschaft nicht an entsprechender Nachhilfe mangeln lassen
wird.
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Mindener Tageblatt
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