Morgen wird in Hof Bayerns größter Windpark
gestartet. Am Montag erfolgt bei Berching der Spatenstich zu einem
Windpark, der aus den Sparstrümpfen der Bürger finanziert wird. Und
Anfang Mai feiern die 2000 Einwohner von Edelsfeld im Landkreis
Amberg-Sulzbach, dass zwei neue Windanlagen in einem nahen Waldstück
mehr Strom liefern als die gesamte Gemeinde jährlich verbraucht. Drei
Beispiele für einen Trend, der immer offensichtlicher wird: Im
Freistaat weht gerade ein neuer Wind. Er bläst traditionelle Formen
der Energiegewinnung beiseite zugunsten dezentraler Öko-Kraftwerke.
Die Geschwindigkeit des wandels verwundert dabei selbst
Branchenkenner. Während in anderen Ländern noch Regierungen mangels
Finanzierungsgelegenheit die EU um die Bezuschussung beim Bau von
Atomkraftwerken bitten, geben sich im Freistaat kleine und große
Investoren die Klinke in die Hand, um Windräder, Biogasanlagen oder
Geothermie-Kraftwerke zu fördern. Ob Bürger oder Banken, Stadtwerke,
Investmentfonds oder Genossenschaften – investiert wird im
energetischen Freiheitskampf in alles, was die Abhängigkeit von Öl
und Gas reduziert – und natürlich auch Rendite verspricht. Treibende
Kraft – das geben selbst altgediente Ökoenergie-Aktivisten zu – ist
auch die bayerische Staatsregierung. Freilich nicht immer mit der
selben Ideologie, wie die der Pioniere nachhaltiger Energieerzeugung:
„Wenn wir schnell sind, ist die Energiewende in Deutschland ein
einziges großes Konjunkturpaket für Bayern“, sagte Ministerpräsident
Seehofer vor einem Jahr. Der Hintergedanke mag verschieden sein,
entscheidend ist, was vorne herauskommt. Tatsächlich konnte man schon
vor der Atomkatastrophe in Fukushima mit dem Prinzip „Tue Gutes und
verdien– auch noch dabei“ Herz und Geldbeutel der Bayern sehr leicht
öffnen. In keinem anderen Bundesland montieren so viele
Eigenheimbesitzer Solaranlagen auf ihre Dächer und stellen so viele
sich Pelletsheizungen in ihre Keller. Biogasanlagen haben sich in
zehn Jahren von Null auf über 2000 vermehrt und an mehr als 20
Standorten wird nach Gratis-Dampf aus dem Erdinneren gebohrt. Dass
nirgendwo sonst so viele Bausparverträge für Bau und Sanierung von
sparsamen Eigenheimen bespart werden, rundet das Bild der weiß-blauen
Energiewende ab. Die Staatsregierung, in persona des
Ministerpräsidenten und des damaligen Umweltministers Söder, setzte
sich gewieft an die Spitze dieses Trends, mit einer klaren Ansage: In
zehn Jahren soll aus dem Bundesland mit dem meisten Atomstrom das
Land der Erneuerbaren werden. Beispielsweise sollen dann 1500 neue
Windkraftanlagen in den weiß-blauen Himmel ragen, rund das Dreifache
von heute. Die Windkraft ist ein gutes Beispiel, dass zu jeder
Revolution auch Zweifler gehören. Im Fall der Energiewende sind es
Bürger, in deren unmittelbarem Lebensumfeld die Wind-, Solar- und
Biogas-Anlagen wachsen. Zudem sorgt sich angesichts steigender Preise
auch ein der Ökoenergie Wohlgesonnener, den schönen neuen Strom bald
nicht mehr bezahlen zu können. Wenn die weiß-blaue Strom-Revolution
gelingen soll, gehören diese Zweifel ernst genommen, von
Projektierern und Politikern. Das gilt jedoch auch für die Risiken
der Kohle-Nutzung und der Atomkraft – Fukushima lässt grüßen. Ganz zu
schweigen von der ungeklärten Frage, wohin eigentlich der
(bayerische) Atommüll letztendlich gekippt werden soll. Es ist
möglich, auch in der Industrieregion Bayern nahezu komplett auf
erneuerbare Energie umzusteigen. Die Staatsregierung ging spät, aber
konsequent auf Kurs, die Erfolge dieser Politik sind unübersehbar.
Wenn nun noch die Transparenz und Information über den nachhaltig
produzierten Strom verbessert und die finanzielle Teilhabe an den
Erträgen noch weiter ermöglicht werden, fällt es allen Bayern
leichter, die damit zwangsläufig verbundenen Nachteile in Kauf zu
nehmen. Das wäre ganz im Sinne der Energiewende, der Staatsregierung
– und natürlich auch des Landes, in dem wir und unsere Nachkommen
künftig leben wollen.
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