Umfrage- und Kompetenzwerte im Keller – und
dann noch der schwer abzustreifende Igitt-Faktor, der der FDP wegen
einiger haarsträubender Fehler der Bundespartei anklebt. Mit
Westerwelle und Rösler werden auch die bayerischen Liberalen
Eins-zu-Eins in einen Topf geworfen und für schlecht befunden. Diesen
Trend kann die respektierte „Mrs. Bürgerrechte“ und Landesvorsitzende
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger nicht umkehren. Die FDP braucht–s
nicht mehr, das Geschäft können andere Parteien miterledigen, lautet
das vernichtende Urteil, über das viele Ex-Wähler und Bürger gar
nicht mehr diskutieren wollen. Die Liberalen sind für sie abgehakt.
Dabei steckt in der totgesagten FDP sehr viel Überlebenswille –
gerade in Bayern. Spitzenkandidat Martin Zeil weiß ziemlich
kampfeswillige Abgeordnete aus Landtag, Bundestag und Europaparlament
hinter sich. Sie stemmen sich mit Vehemenz dagegen, dass die
Liberalen bei den Wahlen im Herbst 2013 in Berlin und München von den
parlamentarischen Bühnen verschwinden. Abspaltungstendenzen gegenüber
Berlin waren bei der Klausur in Benediktbeuern zu Recht rasch ad acta
gelegt. Wie sollte das auch funktionieren, bei zeitgleichen
Wahlkämpfen und einer Landesvorsitzenden, die Bundesinnenministerin
ist? Es siegte die Vernunft. Schnell gemeinsam anpacken oder
gemeinsam untergehen, sind die einzigen Optionen. Gut eineinhalb
Jahre sind Zeit genug, wieder in Fahrt zu kommen. Doch das gelingt
nur, wenn die FDP keinen Tag vertändelt. Umso unverständlicher, dass
in Benediktbeuern nach dem Reihenschließen kein erster großer
Paukenschlag kam: Das Zehn-Punkte-Programm für Bayerns Zukunft
enthält nichts Neues. Es listet auf, was längst aus
Regierungserklärungen bekannt ist oder vom Landesparteitag im
vergangenen November in Landshut. Dabei hatte der Koalitionspartner
CSU vorgemacht, wie es besser geht: Parteichef Horst Seehofer
zauberte bei seiner Klausur in Kreuth eine Vision aus dem Hut –
nachdem sich gegen seine Haushaltspolitik in der Fraktion ein mildes
Lüftchen des Widerstands geregt hatte. Bayern wird bis 2030 als
erstes Land schuldenfrei, gab er als Zielmarke vor. Der nächsten
Generation statt rund 30 Milliarden Miesen solide Finanzen zu
hinterlassen, ist ein Projekt, das auch die allseits umworbenen
Jungwähler überzeugt. Besonders bitter für die FDP: Das Zeug zu
dieser Vision hatten sie selbst in der Tasche: der liberale
Schuldentilgungsplan für Bayern – wenn auch nicht smart ergänzt um
die Jahreszahl 2030 – stammt vom Landesparteitag in Landshut, ist
dort auf Seite 8 des Leitantrags 1 versteckt. Der Seehofer-Coup
ärgerte die FDP-Finanzexperten. Doch statt nun in die Gänge zu
kommen, wird auch der nächste Schachzug der CSU überlassen. Während
Finanzminister Markus Söder bereits an den Details des
Schuldentilgungsplans tüftelt – wohlwissend, dass die ersten Tranchen
vor dem Wahljahr 2013 auf jeden Fall finanziell zu stemmen sein
dürften – liegen die Hände der Liberalen still. Dabei könnten sie mit
einem eigenen stramm durchgerechneten Konzept auf dem Feld ihrer
Kernkompetenz punkten und vorrechnen, ob 2030 machbar ist, oder nur
eine Luftnummer. Kompetenzwerte würden dann auch wieder der FDP
zugeschrieben – und nicht nur der CSU. Sie wären das beruhigendste
Kapital vor der entscheidenden Wahlschlacht 2013. Felder zur
Profilierung gibt es genug: Das schnelle Internet für ganz Bayern zum
Beispiel – oder der von den Liberalen stets geforderte sanfte
Donauausbau ohne Staustufen. Sonst hat–s am Ende wieder die CSU
erfunden. Und die Frage stellt sich erneut und zu Recht: Für was
braucht es die FDP?
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