Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zum NPD-Verbotsverfahren: Die braunen Wiedergänger von Reinhold Willfurth

Die NPD hetzt gegen Menschenrechte und
Demokratie. Eine solche Partei hat in Deutschland nichts verloren.

Der NPD geht es wieder einmal ziemlich mies. Bei der
Bundestagswahl bekam sie genau 1,3 Prozent der Stimmen. Und die
bayerischen Wähler schickten sie bei der Landtagswahl mit 0,6 Prozent
in die Bedeutungslosigkeit. Im Frühjahr musste die Partei ihre
hauptamtlichen Mitarbeiter in der Berliner Zentrale entlassen, weil
sie dem Bund wegen Unregelmäßigkeiten bei der Erstattung von
Wahlkampfkosten einen siebenstelligen Betrag zurückzahlen muss. Zu
den finanziellen Problemen gesellen sich Mitgliederschwund und der
Dauerstreit in der rechtsextremen Szene über die Frage, ob die NPD
„bürgerlich“ geworden sei. Und diese Kleinpartei mit ihren gerade
einmal 6000 Mitgliedern soll eine Gefahr für die
freiheitlich-demokratische Grundordnung darstellen? Genau dies
nämlich muss der 264 Seiten starke Verbotsantrag gegen die NPD
nachweisen, den die Bundesländer am Montag dem
Bundesverfassungsgericht vorlegten. Es wird kein leichtes Unterfangen
werden, die Richter davon zu überzeugen, die NPD zu verbieten. Die
juristischen Hürden sind hoch. Doch es lohnt sich, sie zu überwinden.
Argumente dafür gibt es genug. Man braucht sie nur kühl und sachlich
aufzuzählen. Und das scheint den Autoren, renommierten
Wissenschaftlern ohne Parteibrille, gelungen zu sein. Sie haben aus
dem Parteiprogramm der NPD, aus Reden und Zitaten das Profil einer
politischen Kraft destilliert, die – käme sie an die Macht – dieses
Land in eine Katastrophe stürzen würde, mag sie auch nicht gleich so
monströs ausfallen wie der Zweite Weltkrieg. Die braunen Vorbilder
von der NSDAP mit ihrem zynischen Personal und den lächerlichen
Uniformen hat die deutsche Öffentlichkeit in den Zwanzigerjahren
schon einmal sträflich unterschätzt. Damals war der Staat zu schwach,
um sich gegen den aggressiven Gegner zu wehren. Ein gefestigter
demokratischer Rechtsstaat aber darf so etwas einfach nicht wieder
zulassen. Man stelle sich einmal kurz die Pogromstimmung gegen
Millionen Deutsche mit ausländischen Wurzeln vor, die ein völkischer
Staat, wie ihn die NPD herbeisehnt, heraufbeschwören würde. Man
stelle sich vor: Deutsche Juden müssten wieder um ihr Leben fürchten,
so wie ihre Eltern und Großeltern vor 80 Jahren. Man stelle sich vor:
Statt dem Volk bestimmt ein „Führer“, was Volkes Wille ist. So
unrealistisch es klingen mag, dass sich die Geschichte wiederholt –
solche Verhältnisse sind das Ziel der NPD. Und deshalb wird es Zeit,
dass jemand diesen Verfassungsfeinden in den Arm fällt. Das
Verbotsurteil, das die Verfassungsrichter im Frühjahr hoffentlich
aussprechen werden, ist übrigens nicht nur ein Signal an das braune
Häufchen von NPD-Mitgliedern. Die Neonazi-Strukturen, die sich seit
Jahren abseits des parlamentarischen Arms der Rechtsextremen
aufgebaut haben und die noch aggressiver auftreten als die NPD,
werden durch ein klar begründetes Verbot lernen müssen, dass sich ein
demokratischer Rechtsstaat gegen diejenigen wehren muss, die ihn
zerstören wollen. Ein Verbot wäre auch ein wichtiges Signal für junge
Leute, vor allem für jene unter ihnen, die für die einfachen Parolen
der Rechtsextremen empfänglich sind: Bis hierher und nicht weiter.
Und vergessen wir nicht jene Erwachsenen, die klammheimlich oder
öffentlich mit rechtsextremen Inhalten sympathisieren. Laut seriösen
Umfragen tut das jeder fünfte Deutsche. Wenn das Verbot scheitern
sollte, ist die dann angeblich folgende Blamage keineswegs in Sicht.
Der Rechtsstaat setzt sich gegen seine Todfeinde zur Wehr – auch das
ist ein starkes Zeichen für die eigenen Bürger und für die
Weltöffentlichkeit.

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