Als vor 20 Jahren die Pläne zur Schaffung einer
europäischen Gemeinschaftswährung Formen annahmen, galt eine Prämisse
als unumstößlich: Die künftige Europäische Zentralbank (EZB) müsse so
gnadenlos der Stabilität der Währung verpflichtet sein wie die
Bundesbank. Von der Politik weitgehend unabhängig, nur dem hehren
Ziel verpflichtet. So steht es auch sinngemäß in den
Gründungsdokumenten, die weiland von Helmut Kohl und Theo Waigel
ausverhandelt und unterzeichnet worden sind. Dass über zehn Jahre
nach Einführung des Euro die Krise galoppiert, konnte seinerzeit
freilich niemand ahnen. Die Euro-Begründer waren davon ausgegangen,
dass dem Druck aus der Währungsverzahnung unweigerlich der Druck zur
weiteren politischen Integration folgen werde. Ein verhängnisvoller
Irrglaube, wie wir heute erleben müssen. Die Gemeinschaftswährung ist
zu einer Währung mit erhöhten Risiken geworden. Investoren beäugen
argwöhnisch jedes Wackeln. Die Währungsmalaise liegt freilich nicht
allein an den waghalsigen und höchst fragwürdigen Spekulationen auf
den Finanzmärkten gegen den Euro, sondern vor allen an den
überbordenden Schulden der allermeisten Euro-Staaten. Viele
südeuropäische Staaten willigten nur allzu gern in den Euro ein, weil
sie glaubten, die Vorteile der stabilen Währung genießen zu können,
freilich ohne eigene Kraftanstrengungen zu unternehmen und ohne die
eigene Wirtschaft und die Sozialsysteme auf Vordermann zu bringen.
Ebenfalls weit gefehlt. Wenn allerdings nun, angeführt von EZB-Chef
Mario Draghi, die zur Stabilität verpflichtete Bank zum unbegrenzten
Ankauf von maroden Staatsanleihen notleidender Staaten übergehen
sollte, dann wäre in der Tat der Rubikon überschritten. Die EZB
bekäme im Grunde die Lizenz zum unbegrenzten Gelddrucken. Das
bedeutete nicht nur die grenzenlose und indirekte Staatsfinanzierung
durch die Gemeinschaftsbank, sondern die Abkehr von ihrer
Stabilitätsverpflichtung. Dies wäre eine vollkommen andere EZB, als
einst vertraglich vereinbart. Draghi hat mit seinem Satz, die EZB
werde „alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten“, die Hand an
das Fundament des stabilen Euro und der EZB selbst gelegt. Widerstand
gegen das süße Gift des unbegrenzten Schuldenmachens ist dringend
angesagt. Von Merkel, von Schäuble von Bundesbankchef Weidmann. Der
Kauf von Staatsanleihen soll aus Sicht der Befürworter die hohen
Zinsen drücken, die Problemländern wie Spanien oder Italien auf den
Kapitalmärkten drohen oder bereits längst verlangt werden. Doch was
kurzfristig Entlastungen bringen mag, ist auf Dauer betrachtet eine
teuflische Medizin. Die niedrigeren Zinsen für die Krisenstaaten
würden mit einer gigantischen Geldblase erkauft, die über kurz oder
lang als Inflations-Welle, wenn nicht gar Tsunami über die
Euro-Länder kommen würde. Freilich hat der Sündenfall der EZB bereits
stattgefunden. Vor zwei Jahren begannen die Zentralbänker griechische
Ramschanleihen in Milliardenhöhe aufzukaufen. Über 200 Milliarden
Euro wurden auf diese Weise bereits „verbrannt“. Ob der künftige
Rettungsmechanismus (ESM) und die Schuldenbremse des Fiskalpaktes
ausreichen werden, um weiteres Geldvernichten durch Gelddrucken zu
verhindern, ist freilich ungewiss. In der EZB, in Euro-Land geht es
mittlerweile um alles. Kühle Rechner und visionäre Politiker sind
gefragt, keine Schuldenaufkäufer ohne Grenzen.
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