NDR Info: Nach Korruptionsvorwürfen gegen AGEF werfen Grüne der Bundesregierung mangelnde Kontrollen vor

Nach Korruptionsvorwürfen gegen das deutsche
Entwicklungshilfeunternehmen AGEF (Arbeitsgruppe Entwicklung und
Fachkräfte im Bereich der Migration und der
Entwicklungszusammenarbeit) kritisieren die Grünen mangelnde
Kontrollen durch die Bundesregierung. Das zuständige Ministerium für
Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung habe die AGEF nicht
ein einziges Mal durch externe Prüfgesellschaften kontrollieren
lassen, sagte die entwicklungspolitische Sprecherin der Grünen im
Bundestag, Ute Koczy, dem Radioprogramm NDR Info. Das Unternehmen
habe seine Nähe zum Ministerium offenbar ausgenutzt, um über Jahre
Geld zu unterschlagen und dies zu verschleiern. Die Vorwürfe würden
derzeit immer konkreter. Das Ministerium müsse den Fall lückenlos
aufklären, so Koczy. Das Thema werde am morgigen Freitag (21. Januar)
auch in der Bundestagsdebatte über die Wiederaufbauhilfe in
Afghanistan eine Rolle spielen. Die Bundesregierung könne nicht in
anderen Ländern eine gute Regierungsführung anmahnen und gleichzeitig
deutsche Entwicklungshilfeunternehmen nur mangelhaft kontrollieren.

Die AGEF ist auf die Förderung von nach Afghanistan oder Irak
heimkehrenden Flüchtlingen spezialisiert. Das Unternehmen mit Sitz in
Berlin hat allein für diese Projekte seit 2002 rund 20 Millionen Euro
an Steuergeldern enthalten. Wie viel Geld davon zweckentfremdet
worden sein könnte, ist unklar. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
PricewaterhouseCoopers geht den Vorwürfen gegen die AGEF derzeit
nach. Nach Informationen von NDR Info besteht laut einem ersten
Zwischenbericht von PricewaterhouseCoopers der „nachhaltige
Verdacht“, dass Gelder zweckentfremdet wurden. Das Papier der Prüfer
liegt mittlerweile auch bei der Berliner Staatsanwaltschaft. Die AGEF
selbst weist die Anschuldigungen zurück. AGEF-Chef Klaus Dünnhaupt
sprach im Interview mit NDR Info von einer „Hetzkampagne“ gegen sein
Unternehmen.

Die Bundesregierung hatte den Recherchen von NDR Info zufolge die
AGEF-Rückkehrerprojekte nur einmal intern überprüfen lassen. 2006
schickten die deutschen Behörden einen Beamten nach Afghanistan. Er
hatte dort drei Tage Zeit, um Budgets von mehr als drei Jahren zu
kontrollieren. Angeblich soll er damals noch nicht einmal im
deutschen Zuwendungsrecht geschult worden sein. Erfahrenen
Wirtschaftsprüfern zufolge dürfte es ihm unmöglich gewesen sein, sich
einen ausreichenden Überblick über die AGEF-Arbeit zu verschaffen.

Zwei Jahre später unterließ es die Bundesregierung, auf konkrete
Hinweise etwa von dänischen Beamten, die die Arbeit der AGEF im Irak
bemängelten, zu reagieren. Dänemark und Schweden ließen die
AGEF-Rückkehrerprojekte 2009 auslaufen. Den Informationen von NDR
Info zufolge informierten sich die Skandinavier vor Ort über die
Projekte. Dabei fiel ihnen auf, dass die Kontoführung offenbar
intransparent war. Außerdem seien Projektberichte der AGEF ungenügend
gewesen.

Zitate frei bei Nennung NDR Info. Rückfragen an: Jürgen
Webermann/Franz Feyder, NDR Info, 040/4156-2284.

20. Januar 2011 / RC

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