KT lässt grüßen
Von Guttenberg lernen heißt siegen lernen: Vielleicht war dies das
Motto, von dem sich Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrem Schwenk
in Sachen Atompolitik lenken ließ. Das Ruder um 180 Grad herumreißen,
wenn die Stimmung danach ist, und in der Folge eine ungeahnte
Popularität ob ihrer Handlungskraft einfahren. Auf diesen Effekt, den
„KT“, der frühere Verteidigungsminister, blind beherrschte und gleich
mehrfach anwandte, mag sie gehofft haben.
Allein, es kam alles ganz anders. Der eine Teil des Publikums
glaubt der Kanzlerin nicht und hält sich deshalb mit Beifall zurück.
Ein anderer ist bitter enttäuscht von so viel Wankelmut, darunter
immerhin Schwergewichte wie RWE-Chef Großmann. Selbst Alt-Kanzler
Kohl, der sich mit Äußerungen zur Tagespolitik sonst zurückhält,
äußert unverhohlen Unmut. Und die Industrie unterläuft offenkundig
Merkels Taktik, indem sie durchsickern lässt, dass die ganze Sache so
ernst nicht gemeint sei.
Kurz: Merkel hat mit ihrem Aktionismus einen Scherbenhaufen
angerichtet. Der ist so hoch, dass er sinnvolle und gar nicht
selbstverständliche Schritte wie den jetzt beschlossenen, EU-weiten
Stresstest für Kernkraftwerke glatt in den Schatten stellt. Rainer
Brüderle, nebenbei bemerkt, kann dafür nichts. Seine Ehrlichkeit ist
erfrischend.
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