Neue OZ: Kommentar zu Europa / Finanzkrise / Gipfel

„Flasche leer“ für Berlusconi?

Mit den legendären Äußerungen „Flasche leer“ und „Ich habe fertig“
rechnete Fußballtrainer Giovanni Trapattoni einst mit den Spielern
von Bayern München ab. Ob Silvio Berlusconi hinter den Kulissen in
ähnlicher Form über das EU-Führungsduo Angela Merkel und Nicolas
Sarkozy schimpfte, ist nicht bekannt, aber durchaus vorstellbar.

Schließlich waren die Kritik und das unverhohlene Schmunzeln von
Kanzlerin und Präsident auf die Frage nach Italiens Sparkurs ein
Affront gegen den römischen Premier. Der in der Euro-Krise mit dem
Rücken an der Wand stehende Cavaliere musste einsehen, dass die
Euro-Partner sein Lavieren nicht länger tolerieren und glaubhafte
Sparmaßnahmen, etwa per Rentenreform, erwarten.

Die ist jedoch mit Berlusconis Koalitionspartner Umberto Bossi von
der Lega Nord nicht zu machen. Auch wenn es heftig dementiert wird,
scheint sich Berlusconi notgedrungen auf einen Deal mit dem
Populisten Bossi eingelassen zu haben. Mit der Rente ab 67 im Gepäck
reiste der Premier gestern wenigstens nicht mit völlig leeren Händen
zum Brüsseler Krisengipfel. Dafür soll er zu Hause seinen Rücktritt
und Neuwahlen angeboten haben.

Ob es wirklich dazu kommt oder der gerissene Regierungschef noch
einen Plan B im Ärmel hat, bleibt abzuwarten. Für Italien wäre die
Ablösung Berlusconis jedoch die Erlösung von einem schmierigen
Polittheater, das dem Land längst den Ruf einer Bananenrepublik
eingebracht hat.

Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion

Telefon: 0541/310 207