Neue OZ: Kommentar zu FDP

Wie ein Vulkan

Die Liberalen haben monatelang die Messer gewetzt, sie haben sie
gestern stecken lassen. Und das war gut so. Der Endlos-Streit um
Guido Westerwelle, die Intrigen und Selbstzerfleischung fressen nicht
nur an der Substanz der FDP, sondern verschrecken auch die letzten
Politik-Interessierten. Dazu haben die Liberalen weitaus größere
Sorgen: Einer Umfrage zufolge zweifeln 86 Prozent der Deutschen an
ihrer politischen Kompetenz, knapp zwei Drittel haben die Liberalen
bereits abgeschrieben. Kein guter Start für den neuen Parteichef
Philipp Rösler. Er muss viel mehr liefern als starke Kampfansagen.

Immerhin: Röslers Autorität hat ausgereicht, die Revolte gegen den
ungeliebten Vorgänger Guido Westerwelle zu verhindern. Der 49-Jährige
bekam einen würdigen, ja versöhnlichen Abschied. Den hat er auch
verdient. Zehn Jahre lang hat er die FDP von Erfolg zu Erfolg
getrieben, dies auch mit teils merkwürdigen Methoden. Selbst den
Spaßwahlkampf mit Guido-Mobil und 18-Prozent-Schuhen haben die
Liberalen akzeptiert. Westerwelle nun allein die Schuld zuzuschieben,
weil es abwärtsgeht, ist unfair.

Dank Philipp Röslers und Rainer Brüderles Einsatz sind Forderungen
nach Westerwelles Ablösung als Außenminister erstickt worden. Dass er
sich für Fehler entschuldigte, hat dem Ex-Vorsitzenden außerdem
Pluspunkte gebracht. Vorerst. Aber manchmal sind die Liberalen wie
ein Vulkan: Ganz unvermutet brechen sie aus.

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