Neue OZ: Kommentar zu Gewerkschaften / 1. Mai

Ängste abbauen

Eigentlich hätte der 1. Mai, der Tag der Arbeit, in diesem Jahr
ein Tag der Freude sein müssen. Denn die Wirtschaft brummt, und
täglich entstehen viele neue Jobs. Auch wächst das für die
Exportnation Deutschland so wichtige Europa wieder ein Stück fester
zusammen. Es ist ein vielleicht nicht historischer, aber doch höchst
bemerkenswerter Fakt, dass sich nun auch ost- und mitteleuropäische
Arbeitnehmer ohne Beschränkungen einen Job in Deutschland suchen
können. Schade nur, dass die Begleitumstände zu weiterer Kritik
einladen und so keine Feierlaune aufkommt.

Noch immer wird zu Recht auf die Gefahr von Lohndrückerei
verwiesen. Denn leider hat es die Bundesregierung versäumt,
allgemeine Mindestlöhne zu definieren, wie es sie in 20 von 27
EU-Staaten bereits gibt. Dass nun im Kampf gegen Lohndumping die
Kontrollen noch einmal verschärft werden sollen, ist zwar gut und
richtig, allerdings nicht geeignet, die Befürchtungen vollends
auszuräumen.

Das heißt: Über kurz oder lang bedarf es einer gesetzlichen
Regelung der Lohnuntergrenze. Mittlerweile geraten sogar in der FDP
die Positionen in Bewegung. So fordert Fraktionsvize Jürgen Koppelin,
die ablehnende Haltung zum Mindestlohn zu überdenken, ein
erstaunlicher Vorgang, schließlich waren Liberale bei diesem Thema
bislang äußerst zurückhaltend. Es ist jedenfalls höchste Zeit, den
Beschäftigten die Ängste zu nehmen. Denn erst dann wird es gelingen,
alle Kräfte auf die Chancen zu konzentrieren, die der aktuelle
Wirtschaftsaufschwung bietet.

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