Neue OZ: Kommentar zu Integration / Islam / Konferenz

Risse im Fundament

Die Islamkonferenz war noch nie ein Ort wuchtiger Beschlüsse.
Weder unter Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, noch unter seinem
Nachfolger Thomas de Maizière gelangen große Würfe der
Integrationspolitik. Dennoch hatten die Treffen ihren Sinn. Es ging
um einen Dialog auf Augenhöhe, ein besseres gegenseitiges Verständnis
als Fundament für behutsame Fortschritte. Seit gestern hat das
Fundament tiefe Risse. Hans-Peter Friedrich hat es bei seinem ersten
Auftritt in der Islamkonferenz schwer beschädigt, vielleicht
irreparabel.

Wo weiteres Vertrauen wachsen sollte, ersticken seit gestern
Misstrauen und tiefe Abneigung den Dialog. Der neue
Bundesinnenminister beging den Lapsus, das erste Treffen unter seiner
Regie mit dem Ansinnen zu überfrachten, die Muslime müssten in ihren
Reihen wachsamer nach möglichen Attentätern Ausschau halten und sie
den Behörden melden. Der Vorstoß ist durchaus berechtigt, nur kommt
er zur Unzeit.

Denn die Muslime begegnen Friedrich ohnehin mit Argwohn, seitdem
er behauptet hat, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Das war eine
unnötige Kampfansage, die er gestern obendrein bekräftigt hat. Der
Minister benötigt einen langen Atem und großes Geschick, wenn er die
Risse im Fundament der Islamkonferenz wieder kitten will. Durch
besonderes Fingerspitzengefühl ist Friedrich bisher freilich nicht
aufgefallen.

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