Neue OZ: Kommentar zu Jemen / Konflikte

Unter keinem guten Stern

Die Schlinge um den jemenitischen Präsidenten Ali Abdullah Saleh
zieht sich zu. Nur knapp überlebte er jetzt einen Granatenangriff auf
seinen Palast in der Hauptstadt Sanaa. Auch wenn das Staatsfernsehen
triumphierend von einem fehlgeschlagenen Attentatsversuch berichtet,
so dürften die Tage von Saleh als autokratischer Herrscher gezählt
sein.

Seit vier Monaten fordern Demonstranten im Jemen den Rücktritt des
Präsidenten, der seit 33 Jahren an der Macht ist. Waren es zunächst
nur junge Menschen und die unterdrückte Opposition, die für Freiheit
und Demokratie auf die Straßen zogen und ihr Leben riskierten, so hat
die Bewegung in den vergangenen Wochen durch die Truppen von
Clanchefs und abtrünnigen Offizieren entscheidend an Kampfstärke
gewonnen. Die Entwicklung in Nordafrika nicht als eigenes Schicksal
zu erkennen ist Salehs großer Fehler. Lukrative Vermittlungsangebote,
sich bei seinen saudischen Freunden zur Ruhe zu setzen, schlug er
aus. Auch die US-Regierung, die den Despoten stets als Verbündeten im
Kampf gegen Al-Kaida gehätschelt hatte, fordert endlich seinen
Abtritt.

Doch der würde nicht sofort die Probleme Jemens lösen. Ein
Demokratieverständnis muss sich erst bilden, es fehlte bislang an
wirtschaftlichen und politischen Aufbauprogrammen. Stattdessen ist
Gewalt an der Tagesordnung: Ob Geiselnahmen, Clan-Fehden oder
Terrornester, die Zukunft des Landes steht unter keinem guten Stern.

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