Neue OZ: Kommentar zu Kauder / Islam

Nicht provozieren lassen

Sie machen wütend, die Worte des Volker Kauder: Der Islam sei
nicht Teil der deutschen Tradition und Identität. Er gehöre nicht zu
Deutschland. Das letzte Mal hat sich der Vorsitzende der
Unions-Fraktion im Bundestag vor einem Jahr mit derselben Position
gemeldet. Er gibt sich unbelehrbar – und scheint auf Stimmenfang zu
sein.

Denn dieses ewige Wiederaufwärmen von bereits Gesagtem kann für
Kauder höchstens einem Zweck dienen: Er will im konservativen
Spektrum Wähler umgarnen. Dass dem Politiker von allen anderen Seiten
ein breiter Sturm der Entrüstung entgegenschlägt, wird ihn deshalb
auch dieses Mal kaum zur Einsicht bringen.

Bei Menschen wie Kauder nützt es nichts, immer zu wiederholen,
warum sie danebenliegen: dass der Islam vielleicht nicht zu einer
tausendjährigen deutschen Geschichte gehört, wohl aber zu der der
letzten fünfzig Jahre. Vier Millionen Muslime leben hier und prägen
unsere Gesellschaft mit. Für solche Argumente sind diejenigen taub,
die das hochhalten, was sie deutsche Tradition nennen. Dass ihr Blick
die Realität verfehlt und sie im Gestern stehen geblieben sind,
interessiert sie nicht.

Muslime und Nicht-Muslime in Deutschland haben die Chance, derart
ausgrenzende Äußerungen in die Bedeutungslosigkeit zu verbannen.
Indem sie nicht aufhören, den Dialog zu suchen. Indem sie das
Miteinander verstärken. Und vor allem: indem sie sich von
überflüssigen Politiker-Statements nicht provozieren lassen.

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