Weser-Kurier: Kommentar zur Islamkonferenz

Natürlich hat Innenminister Hans-Peter Friedrich
recht, wenn er das Auftreten radikaler Salafisten als nicht
akzeptabel für eine offene demokratische Gesellschaft nennt. Gar
nicht erst ignorieren hätte man früher in Berlin gesagt, wenn einige
wenige Leute für Aufregung gesorgt hätten. So aber ist die
Islamkonferenz mit der Koran-Verteilaktion an wenigen Orten erst
medial hochgespielt und dann politisch überfrachtet worden. Das ist
schade, denn die Abgabe solch martialischer Glaubensbekenntnisse
durch Unionsfraktionschef Volker Kauder, der Islam gehöre nicht zu
Deutschland, helfen so gar nicht bei der Diskussion um die real
existierenden Fragen des Zusammenlebens zwischen Christen,
Konfessionslosen, Atheisten und Muslimen in diesem Land. Für das
Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft und ihre
Integration in eine offene Gesellschaft kann nicht ihre religiöse
Orientierung der Maßstab, sondern nur ihr Verhältnis zu dem Staat
sein, in dem sie leben. Das wusste schon Preußens Alter Fritz. Auf
die Jetztzeit übertragen heißt das: auf ihr Verhältnis zum
Grundgesetz. So hätte das eigentlich vorgesehene zentrale Thema
dieser Islamkonferenz, nämliche häusliche Gewalt, viel mehr
Aufmerksamkeit verdient gehabt als die Provokation durch ein paar
Salafisten, die man durchaus der Beobachtung durch die
Sicherheitsbehörden überlassen kann. Denn die Lage der rund zwei
Millionen muslimischer Frauen und Mädchen im Alltag ist oft noch weit
entfernt von der freiheitlichen Ordnung unseres Grundgesetzes, weil
sie nicht so leben dürfen, wie es der allgemeinen Lebensart in
Deutschland und Europa entspricht. Dabei war es schon ein Wert an
sich als vor fünf Jahren die Islamkonferenz ins Leben gerufen wurde,
damit deutsche Politiker und in Deutschland lebende Muslime
miteinander und nicht nur übereinander sprechen sollten. Wenn jetzt
jedes Mal vor einem neuen Treffen Aufgeregtheiten und neuer
ideologischer Streit das Ganze überlagern, dann sollte man die
Islamkonferenz besser zu einem sanften Ende führen.

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