Neue OZ: Kommentar zu Kindererziehung/Jugendämter

Eltern entlasten

Rund 107 000-mal mussten deutsche Jugendämter im vorigen Jahr in
Familien nach dem Rechten sehen: eine erschreckend hohe Zahl. Dass
sie dabei oft vernachlässigte Kinder vorfanden, ist schlimm, aber
nicht überraschend.

Sicher: Die Arbeitswelt verlangt von Eltern immer mehr Einsatz.
Samstags- und Nachtarbeit nehmen zu, immer mehr Menschen gehen einem
zweiten Job nach. Zeitmangel ist aber gewiss nicht der einzige Grund,
wenn Babys und Kinder hungrig sind, Schüler ungewaschen in den
Unterricht kommen oder Krankheiten verschleppen. Einigen Eltern ist
das eigene Wohlergehen auch schlicht wichtiger als das ihrer Kinder.
Andere sind selbst von ihren Eltern vernachlässigt worden.

Ein genauer Blick in die Statistik zeigt noch etwas: In den
aktenkundigen 107 000 Fällen geht es um etwa 47 000 Alleinerziehende,
die damit klar überrepräsentiert sind. Die meisten Kinder wachsen
immer noch bei zwei Elternteilen auf. Besitzen Alleinerziehende also
weniger Talent zur Kindererziehung? Wohl kaum. Aber wer sich ohne
Partner um Kinder kümmern und für den Lebensunterhalt sorgen muss,
ist schnell überfordert.

Der Ausbau der Kinderbetreuung kann die Probleme lindern und muss
so vorangetrieben werden, dass Rechtsansprüche nicht nur auf dem
Papier bestehen. Wahr ist aber auch: Betreuungsangebote können Eltern
entlasten, aber nie aus der Verantwortung entlassen.

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