Neue OZ: Kommentar zu Kriminalität / Emden / Lena

Die Hoffnung ist zurück

Emden muss jetzt wieder lernen, nach vorne zu schauen. Der Fall
Lena hat Deutschland schockiert, und die ostfriesische Stadt tief
erschüttert. Bis zum 24. März galt sie als beschaulich und friedlich.
Es folgte ein Albtraum. Eine Elfjährige wird nach einem
Sexualverbrechen getötet. Eine schlecht ermittelnde Polizei
präsentiert der Öffentlichkeit einen Tatverdächtigen, worauf ein Mob
zur Lynchjustiz aufruft. Dabei war der 17-Jährige unschuldig.
Schließlich stellt sich heraus, dass sich der echte Täter schon vor
Monaten bei der Polizei wegen sexuellen Missbrauchs selbst angezeigt
hatte. Es gab 2011 einen Durchsuchungsbefehl, doch nichts passierte.
Ein Skandal. Das alles macht sprachlos.

Gestern gingen zahlreiche Bürger in Emden auf die Straße, um dem
Unfassbaren etwas entgegenzusetzen. Sie warnten vor Intoleranz,
Vorverurteilungen und Selbstjustiz. Und drückten den Eltern und
Freunden der kleinen Lena ihr tiefes Mitgefühl aus. Nach den Wochen
des Hasses, falscher Verdächtigungen und der Morddrohungen gegen
Unschuldige wollte Emden nun sein wahres Gesicht zeigen. Dies ist den
Bürgern gelungen. Die Hoffnung ist zurück. Doch die Unschuld hat
Emden verloren. Die Aufarbeitung des schrecklichen Falls ist damit
jedoch nicht abgeschlossen. Die schweren Ermittlungspannen bei der
Polizei müssen geahndet werden. Aber vor allem: Der Täter sollte ein
faires Urteil bekommen, das die Härte des Rechtsstaates
widerspiegelt.

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