Eine Klatsche
Wenn das endgültige Urteil auch so ausfällt wie die Zwischenbilanz
des Gerichts am Donnerstag, dann darf Christian Wulff mit Fug und
Recht auf einen Freispruch hoffen.
Die Richter gaben in schonungsloser Offenheit zu erkennen, dass
sie nach der bisherigen Beweisaufnahme den Vorwurf der Korruption für
nicht erhärtet halten. Tatsächlich hat keiner der zwischenzeitlich
vernommenen Zeugen auch nur im Ansatz den Verdacht der
Staatsanwaltschaft belegen können, dass Wulff sich in unzulässiger
Form Vorteile durch den Filmunternehmer David Groenewold gewähren
ließ.
Für die Anklagebehörde bedeutet der Tendenzbericht der Strafkammer
eine Klatsche. Sie muss sich fragen lassen, ob ihre Ermittlungen es
wirklich gerechtfertigt haben, den ehemaligen Bundespräsidenten vor
Gericht zu zerren. Aber auch die Strafkammer muss kritisch prüfen, ob
man sich mit der Zulassung der Anklage nicht doch auf zu dünnes Eis
begab.
Fraglich ist, wie es nun weitergeht. Wenn die Staatsanwälte auf
eine Verurteilung und die Verteidiger auf einen Freispruch pochen,
wird der Prozess wohl noch eine Weile dauern – obwohl mit der
Zwischenbilanz des Gerichts erkennbar scheint, wohin sich die Waage
am Ende neigen dürfte.
Hoffen kann man in dieser Situation nur, dass der streckenweise
absurde Prozess wenigstens beschleunigt zu seinem Abschluss kommt.
Hans Brinkmann
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