Neue OZ: Kommentar zu Strauss-Kahn

Tiefer Fall

Es gibt Schmutz, der lässt sich auch durch intensivste Reinigung
nicht entfernen. Nichts hilft, immer bleibt etwas hängen. Für den
unter dem Vorwurf der versuchten Vergewaltigung festgenommenen
IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn heißt das: Weitere große Ambitionen
kann er sich höchstwahrscheinlich abschminken.

Selbst wenn es nicht zu einer Verurteilung kommen sollte, ist das
Ansehen des Franzosen dauerhaft beschädigt. Politik lebt von
Vertrauen und vom Glauben an die Seriosität ihrer Repräsentanten.
Davon aber bleibt so gut wie nichts übrig, wenn ein Mann, der schon
einmal wegen einer Affäre ins Zwielicht geraten ist, erneut
Sex-Schlagzeilen macht. Dass er nun auch noch Gewalt angewandt haben
soll, könnte ihn politisch endgültig zu Fall bringen.

Damit verliert der IWF ausgerechnet in der Stunde großer
Finanzkrisen einen souveränen und führungsstarken Chef. Dies ist umso
bedauerlicher, als Strauss-Kahn begonnen hatte, den Währungsfonds zu
reformieren und ihm ein neues Image zu geben: nach wie vor streng im
Umgang mit überschuldeten Staaten, aber bei Weitem nicht mehr so
unbarmherzig wie in früheren Jahren.

Am härtesten trifft die spektakuläre Festnahme aber Frankreichs
Sozialisten. Strauss-Kahn schien schon sicher auf dem Weg in den
Präsidenten-Palast zu sein. Einen solchen Hoffnungsträger zu
verlieren gehört zu den größten anzunehmenden Unfällen im politischen
Geschäft.

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