Respekt – aber kein Mitgefühl
Die schillernde Karriere des Dominique Strauss-Kahn ist passé –
ganz gleich, wie das New Yorker Verfahren ausgehen wird. Allein die
Zeit, die eine gerichtliche Auseinandersetzung in Anspruch nehmen
wird, lässt dem IWF-Chef, für den immer noch die Unschuldsvermutung
gilt, keine Chance zur Rückkehr auf seinen Posten. Der
Vergewaltigungsprozess gegen Wettermoderator Jörg Kachelmann läuft
zum Beispiel schon monatelang. So lange ohne Führungsfigur zu sein,
kann sich der Internationale Währungsfonds nicht erlauben.
Aber auch die Fotos, die einen zutiefst deprimierten Mann in
Handschellen zeigen, wird DSK nicht mehr vergessen machen. Die
Entrüstung der Franzosen darüber ist nachvollziehbar. Auch wenn es in
den USA Praxis ist, Verdächtige auf diese Weise der Öffentlichkeit
vorzuführen – auch Prominenten wie Johnny Depp und Russell Crowe
erging das so -, fehlt es der US-Justiz hier an Respekt gegenüber
Beschuldigten.
Auf einem anderen Blatt steht die Tat. Sollte sich einwandfrei
beweisen lassen, dass Strauss-Kahn das Zimmermädchen mit Gewalt zum
Geschlechtsverkehr gezwungen hat oder zwingen wollte, so muss er sich
dafür verantworten. Mehr als 70 Jahre Haft drohen ihm
schlimmstenfalls. Noch härter könnte den französischen Don Juan die
Tatsache treffen, sich womöglich mit Aids infiziert zu haben. Auf
viel Mitgefühl wird er aber nicht stoßen. Unterstützung und Schutz
hat vor allem das Opfer verdient.
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