Neue OZ: Kommentar zu Thailand / Opposition / Proteste

Gefährliche Geduldsprobe

Die Frage ist, wem zuerst die Sicherungen durchbrennen. Den
königstreuen „Gelbhemden“ aus der wohlhabenden Mittel- und
Oberschicht, die seit Wochen auf die Straße gehen? Oder werden die
Anhänger von Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra – der ärmere
Bevölkerungsteil, auch „Rothemden“ genannt – die Demonstrationen
nicht mehr hinnehmen und zum großen Gegenprotest aufrufen? Fest
steht: Die Situation ist brandgefährlich. Das liegt zum einen an dem
starrköpfigen Protestführer Suthep Thaugsuban, einem Manipulator, der
den großen Auftritt genießt. Er will seine Forderungen nicht
verhandeln, sondern das Maximale durchsetzen.

Zum anderen liegt es an der Regierungschefin, die an Neuwahlen
festhält und nicht offen ist für Reformpläne. Dass sie der Forderung
der Opposition nicht nachkommt, das Land für unbestimmte Zeit einem
nicht gewählten Volksrat zu überlassen, ist dagegen richtig. Thailand
würde im Chaos versinken. Der wirtschaftliche Schaden des
exportorientierten Landes, das wichtige Beziehungen zu Australien,
Neuseeland und China unterhält, wäre immens.

Doch was spricht dagegen, vor Neuwahlen ein überparteiliches
Gremium zu gründen mit Vertretern aus allen Gesellschaftsschichten,
das Reformen ausarbeitet? Denn nur so wird sich die Demokratie
dauerhaft festigen. Es darf nicht darum gehen, ob Gelb oder Rot den
Machtkampf gewinnt: Hier sind Kompromisse gefragt.

Katja Heins

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