Neue OZ: Kommentar zu Thüringer Fahnder / Neonazis

Nicht wichtig genug?

Was ohnehin zu befürchten war, hat nun Brief und Siegel: Die
Thüringer Behörden haben in Sachen Neonazi-Terror geschlampt. Und
somit die Rechtsextremen Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe nicht daran
hindern können, ihre menschenverachtende Gesinnung in grausamen
Verbrechen gipfeln zu lassen. Oder anders: Hätten die Ermittler
besser gearbeitet, wären ziemlich sicher einige der Mordopfer noch am
Leben.

Es wäre aber unfair, alle Schuld auf die Thüringer Fahnder zu
schieben. Sicher, sie waren schlecht vernetzt und hielten
behördenübergreifendes Teamwork offenbar für überschätzt. Genauso
haben aber auch Behörden in anderen Ländern agiert und dies teils
nach Vorschrift.

Wäre ein derart fahrlässiger Umgang mit Kapitalverbrechen, deren
Opfer Migranten sind, auch in den frühen Neunzigerjahren möglich
gewesen? Damals flogen Molotowcocktails in Flüchtlingsheime, das
gerade wiedervereinigte Deutschland zeigte eine hässliche
fremdenfeindliche Fratze. Mithin war das Bewusstsein der Behörden für
die Gefahr von rechts hoch, auch wenn diese nicht als Terror wütete.

Das änderte sich. Keine brennenden Wohnheime gleich keine
nennenswert aktive rechte Szene: Rechnete man sich so die ruhigeren
Jahre schön? Es brodelte im Verborgenen, aber die Ermittler kamen
nicht auf den Plan. War es ihnen nicht wichtig genug? Dann wäre das
der wirkliche Skandal.

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