Neue Presse Hannover: Ein Affäre ohne Sieger, Kommentar von Harald John

Der vorerst letzte Akt im Drama des Karl-Theodor
zu Guttenberg ist überstanden. Der strahlende Held, späterer
Erzschurke, ist abgetreten. Vorhang, null Applaus, dafür Ratlosigkeit
und Entsetzen im Zuschauerraum. Wer über diesen Ausgang der Tragödie
Freude empfindet – oder gar Häme – hat nichts verstanden. Innerhalb
von wenigen Tagen mussten wir im Zeitraffer erleben, wie der Ruf der
Politik, der Wissenschaft, in Teilen auch der Medien ernsthaft
Schaden genommen hat. Von Anfang an hat die sogenannte Plagiatsaffäre
polarisiert. Die Kampfzone lag exakt auf Höhe der Werte des deutschen
Bildungsbürgertums. Hier blankes Entsetzen über akademisches
Fehlverhalten, über Skrupellosigkeit und Lüge. Dort Solidarität mit
dem grundsympathischen Hoffnungsträger und akute Gereiztheit über
eine polemische Kampagne, über den Dünkel der Gelehrten. Nach dem
„Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“ der Sarrazin-Debatte folgte
das „Es muss aber auch mal gut sein“ des Guttenberg-Zeitalters. Doch
es war nicht gut, leider. Möglicherweise, wenn Guttenberg sich beim
Aufkommen der ersten Vorwürfe in vollem Umfang zu seiner Schuld
bekannt hätte und zurückgetreten wäre. Aber vielleicht hätte sogar
diese „Käßmann“-Variante nicht ausgereicht. So aber hat sich der
Verteidigungsminister, nicht ohne Anfälle von Arroganz und unnötiger
Schuldsuche bei Dritten, für die Salamitaktik entschieden. Die
Kanzlerin hat ihn dabei unterstützt, ganz gegen ihr feines,
machtpolitisches Gespür. Und nun? In den Köpfen vieler Menschen wird
hängenbleiben, dass alle Politiker Dreck am Stecken haben und wir
niemandem mehr trauen dürfen. Verhängnisvoller hätte diese Affäre
nicht enden können.

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Neue Presse Hannover
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