Solche Ergebnisse hat es lange nicht mehr
gegeben. Die Zeiten absoluter Mehrheiten, hörten wir die Analysten
zuletzt prophezeien, seien wegen der vielen Partikular-Interessen in
der Gesellschaft vorbei. Das Zeitalter der Koalitionen sei
angebrochen. In Hamburg scheint das nun anders zu kommen. Sicher ist
Vorsicht geboten, Erkenntnisse aus diesem Wahlausgang im Stadtstaat
für den Rest der Republik zu gewinnen. Dennoch lassen sich ein paar
Linien erkennen. Erstens: Schwarz-Grün ist gescheitert. Wenn
überhaupt, dann hätte das öko-christliche Experiment in Hamburg
gelingen können. Sowohl bei der CDU als auch bei den Grünen war dies
2008 ausdrücklich mit der Perspektive für künftige neue
Mehrheitskonstellationen auch auf Bundesebene geduldet worden. Diese
Option gibt es vorerst nicht mehr. Zweitens: Flucht vor Verantwortung
wird nicht honoriert. Für die Wähler in Hamburg war nicht
nachvollziehbar, warum sie vor Ablauf der Wahlperiode eine Regierung
neu wählen sollten. Jene, die gescheitert waren, wollten sie
jedenfalls offenbar nicht noch einmal im Amt sehen. Drittens: Für die
schwarz-gelbe Bundesregierung von Angela Merkel wird das Regieren
schwieriger. Es wird der Kanzlerin nicht gelingen, das Scheitern der
CDU allein der Landespartei anzulasten. Dazu hat sie selbst das
schwarz-grüne Experiment zu sehr gewollt. Und dafür steht ihre
Regierung selbst nicht souverän genug da. Viertens: Die SPD hat einen
neuen Spieler auf Bundesebene. Olaf Scholz repräsentiert beide
Dimensionen politischen Handelns, die des Hamburger Ersten
Bürgermeisters wie die Bundespolitikers. Fünftens: Scholz hat mit
einem klaren Wirtschaftskurs der Mitte gewonnen. Das ist die
Botschaft an die bisweilen zaudernd und in den Inhalten schwankend
wirkende SPD-Bundesspitze. Seit gestern ist Scholz– Gewicht in der
engsten Führung, die auch die Kanzlerkandidatur bestimmt und aus der
der Kandidat wohl kommen wird, gewachsen. Sechstens: Die grünen Bäume
wachsen nicht in den Himmel. Schon die Wahlen in Baden-Württemberg
und Rheinland-Pfalz werden zeigen, ob der grüne Umfrage-Trend der
letzten Monate dauerhaft gebrochen ist, bevor es im September für die
Chefin der Bundestagsfraktion, Renate Künast, in Berlin gegen den
Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit geht. Siebtens: Die FDP hat
ein sehr respektables Ergebnis erzielt. Das mag an der Hamburger
Spitzenkandidatin gelegen haben, aber es wird auch FDP-Chef
Westerwelle stabilisieren. Außerdem wird die FDP aus dem Ergebnis
neues Selbstbewusstsein in Berlin und vielleicht auch für neue
Bündnisoptionen ableiten. Achtens: Die Linke hat sich behauptet. Das
war nach den Querelen der letzten Wochen nicht sicher. Man wird
dauerhaft mit dieser politischen Kraft rechnen müssen. Das
Super-Wahljahr 2011 hat begonnen. Die Ergebnisse von Hamburg sind
nicht völlig überraschend. Aber sie sind wuchtiger als erwartet. 2011
wird spannend, spannender als bislang gedacht.
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