Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Erste Lesung zum Betreuungsgeld ist ausgefallen Neu nachdenken ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN

Es war nicht die feine englische Art, mit der
die Opposition die erste Lesung des Betreuungsgeldes im Bundestag
verhinderte. SPD, Grüne und Linke benutzten einen
Geschäftsordnungstrick aus der untersten Schublade, der nicht Schule
machen sollte. Das gehört sich nicht, aber es ist auch nicht
verboten. Den Widerstand gegen die erste Lesung hat die schwarz-gelbe
Koalition zum Teil selbst verschuldet. Vor allem die Unionsfraktion
hat darauf bestanden, das Gesetzgebungsverfahren im Turbotempo noch
vor der Sommerpause durchs Parlament zu peitschen. Dagegen hat nicht
nur die Opposition protestiert. Auch in der FDP-Fraktion gab es
Bedenken. Schließlich ist eine Eilbedürftigkeit nicht erkennbar. Das
Betreuungsgeld soll erst 2013 eingeführt werden. Es ging der Union
vor allem darum, den Unmut in den eigenen Reihen rasch geräuschlos
wegzudrücken. Die nun eingetretene Verzögerung sollte die Koalition
nutzen, um neu nachzudenken. Das Betreuungsgeld stiftet Unfrieden –
nicht nur im Bundestag. Fast alle wichtigen Verbände sind dagegen:
Arbeitgeber, DGB, Frauenverbände, und Freitag hat auch die
evangelische Kirche ein klares Nein geäußert. Ein OECD-Bericht hat in
dieser Woche eindringlich bestätigt, dass das Betreuungsgeld Kinder
aus armen und ausländischen Familien in ihren Bildungskarrieren
behindert. Dringend nötig ist der weitere Ausbau von Kita-Plätzen –
aber keine Trophäe für CSU-Chef Horst Seehofer.

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