Es ist ein deprimierendes Schauspiel: Die
Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit hat sich von Nordafrika
abgewandt und konzentriert sich auf Japan. Im Windschatten schlägt
Libyens Machthaber Gaddafi den Aufstand gegen seine Gewaltherrschaft
blutig nieder. Seine konfusen Interviews sollten niemanden täuschen.
Den Halbirren gibt er vor Kameras zur Ablenkung. Beim Vormarsch nach
Osten und auf die Rebellenhochburg Bengasi geht er planmäßig vor.
Gaddafis Luftwaffe wirft Flugblätter ab, auf denen die „Vernichtung
der Ratten“ angekündigt wird. Unterdessen laborieren EU, G 8 und
UN-Sicherheitsrat seit Wochen an der Frage, ob eine Flugverbotszone
angemessen wäre. Die militärisch unterlegenen Rebellen flehen um
Beistand, die Arabische Liga fordert ihn. Aber es passiert nichts,
nur das Morden geht weiter. Dabei war die erste Reaktion auf die
Umwälzungen in Nordafrika passabel, besser jedenfalls als die frühere
Kumpanei mit autoritären Herrschern: Klarstellung der eigenen
Position, Forderung nach Regimewechsel, humanitäre Hilfe,
wirtschaftliche Sanktionen. Die Bedenken gegen eine komplette
Sperrung des libyschen Luftraums sind beachtlich. Aber die
Alternative darf nicht die freie Bahn für Gaddafis Soldateska sein.
Denn die Risiken müssen abgewogen werden gegen das einer „Vernichtung
der Ratten“ von Bengasi. In ziviler Sprache nennt man das ein
Massaker – Srebrenica in der Wüste. Wenn es dazu käme, ohne dass NATO
und EU ein Eingreifen auch nur versuchen, wäre das der moralische
GAU.
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