Die rot-grüne Minderheitsregierung wird als
missglücktes Experiment in die Geschichte des Landes eingehen. Zwar
hat das Bündnis von 67 SPD- und 23 grünen Abgeordneten länger
gehalten und mehr zustande gebracht als ihm bei seinem Zustandekommen
vor 20 Monaten zugetraut wurde. Doch der Geburtsfehler, die fehlende
Mehrheit, hing ständig wie ein Damokles-Schwert über der Politik im
Landtag. Wie dünn das Eis war, auf dem SPD und Grüne regierten, zeigt
das chaotisch-konfuse Ende der Wahlperiode. Neuwahlen noch im Mai
hatte Anfang dieser Woche niemand auf dem Schirm. Sowohl Koalition
wie Opposition gingen davon aus, dass es schon irgendwie gelingen
würde, den Haushalt über die parlamentarischen Hürden zu bringen und
man danach weiter regieren und opponieren könne wie bisher. Ein
schlichter Vermerk der Landtagsverwaltung, in seiner Substanz bei
renommierten Rechtsgelehrten mittlerweile hoch umstritten, hat in
Rekordzeit das gesamte Gebäude zum Einsturz gebracht. Um eine
Regierung, die darüber stürzt und einen Landtag, der sich deswegen
binnen zwölf Stunden auflöst, ist es nicht schade. Es ist gut für das
Land, dass ab Sommer eine Regierung in Düsseldorf amtieren wird, die
sich auf eine eigene, stabile Mehrheit stützt. Es ist oft schon
schwer genug, innerhalb einer Koalitionsregierung sich auf die
richtigen Kompromisse zu verständigen. Wenn eine Minderheitskoalition
sich dann noch für jedes Vorhaben einen dritten Partner aus den
Reihen der Oppositionsparteien suchen muss, dann ist die Gefahr groß,
dass die Pläne und Ideen, mit denen sie angetreten ist, bis zur
Unkenntlichkeit verwässert werden. Ob es um große Projekte ging wie
die Schulreform, ob um das Alltagsgeschäft wie beim umstrittenen
Kanal-TÜV, aus eigener Kraft konnte Rot-Grün nichts bewegen. SPD und
Grüne haben diese Abhängigkeit vom Wohlwollen der Opposition in den
letzten Monaten etwas vollmundig heruntergespielt- zu Unrecht, wie
man heute am plötzlichen Zusammenbruch des Systems sieht. NRW braucht
jetzt klare Verhältnisse. Handlungsbedarf besteht auf vielen
Gebieten, von der unvermeidlichen Konsolidierung des Haushalts über
die Energie- und Industriepolitik bis zum Nichtraucherschutz. Die
wohl wichtigste Aufgabe ist die Überwindung der sozialen Spaltung,
die sich durch unsere Gesellschaft zieht. Kinder aus schwierigen
sozialen Verhältnissen müssen die gleichen Bildungs- und
Aufstiegschancen haben wie ihre Altersgenossen aus gut gestellten
Familien. Das Land ist hier gefordert, mit guten Kitas, guten Schulen
und guten Lehrern. Darum geht es am 13. Mai.
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