Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Nach der Hamburg-Wahl
Risse im rot-grünen Fundament
ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN

Dank seines klugen Wahlkampfs ist Olaf Scholz
etwas Ungewöhnliches gelungen: Die SPD darf in Hamburg alleine
regieren. Scholz wird selber am glücklichsten darüber sein, dass ihm
eine Koalition mit den Grünen erspart bleibt. Im Hamburger Wahlkampf
wurde deutlich, dass rote und grüne Einschätzungen manchmal
himmelweit auseinanderliegen. Im oft beschworenen rot-grünen
Fundament klafft mancher tiefe Riss. Wenn Sozialdemokraten etwa
versuchen, mit Wirtschaftskompetenz und Industriepolitik zu punkten,
wird es kompliziert. So ist der Hafenausbau in Hamburg ein
sinnvolles, ja für die Stadt wohl sogar lebensnotwendiges Projekt.
Mit den Grünen wäre eine reibungslose Umsetzung sehr schwierig
geworden. Olaf Scholz wusste das und hat sich deshalb auch nicht
gescheut, einen antigrünen Wahlkampf zu führen. In Berlin hadern die
Grünen mit dem Großflughafen, der auch dringend notwendig ist. Über
das Bahnprojekt Stuttgart 21, das die Grünen ebenfalls strikt
ablehnen, ist schon viel gesagt worden. Wenn die Sozialdemokraten
wirtschaftspolitisch glaubwürdig und modern bleiben wollen, brauchen
sie den Mumm von Olaf Scholz. Dann müssen sie sich öfter mal mit
ihrem Lieblingskoalitionspartner anlegen und von den Grünen absetzen.

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