Neue Westfälische (Bielefeld): „Vatileaks“: Spekulationen um Komplizen Hofstaat mit Intrigen JULIUS MÜLLER-MEININGEN

Das Szenario wirkt banal. Im Skandal um
öffentlich gewordene Geheimdokumente wetteifern nicht etwa
machthungrige Eminenzen in der Kurie um ihre Positionen für das
nächste Konklave, die kommende Papstwahl. Wenn die Berichte
zutreffen, dann ist Benedikt XVI. das Opfer eines ganz simplen
Eifersuchtsdramas, wie es auch in anderen Familien vorkommen kann.
Die internen Auseinandersetzungen sind vor allem Folge eines auf
Gehorsam und Treue basierenden, absolutistischen und
anachronistischen Kurienapparats. An seiner Spitze steht der Papst.
Wer seine Gunst hat, funktioniert. Wer sie nicht hat, intrigiert. Der
Vatikan ist in seiner Struktur ein Hofstaat geblieben, und wie in
jedem Hofstaat gibt es auch Intrigen. Wer behauptet, der Skandal
könnte so auch anderswo vorkommen, der irrt. Es ist kaum denkbar,
dass etwa die engsten Mitarbeiter der Bundeskanzlerin ihre
Eifersüchteleien auf dem Rücken der Regierung und indirekt auf dem
der Bundesbürger ausspielen könnten. Die Kurie und ihre Jahrhunderte
alten Mechanismen sind da besonders anfällig. Die Krise der Kirche
verwundert deshalb nicht.

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