Neue Westfälische (Bielefeld): Präsidentenwahl am Sonntag Putin gewinnt, Russland verliert Miriam Scharlibbe

Schon bevor an diesem Sonntag die ersten
Stimmzettel ausgezählt sind, steht das Ergebnis fest. Der alte
Präsident des größten Landes der Erde wird auch der neue sein:
Wladimir Wladimirowitsch Putin. Er wird sich selbst als Gewinner
sehen, das Volk aber, das er seit 18 Jahren regiert, wird einmal mehr
die Hoffnung auf Fortschritt und echte Demokratie verlieren.
Offiziell liegen drei Amtszeiten als Präsident hinter Putin. Die
inoffizielle Lesart geht anders. Auch als Regierungschef, von 2008
bis 2012, behielt Putin alle Fäden in der Hand. Dmitri Medwedew, der
den Präsidentenjob übernahm, weil die Verfassung vorsieht, dass zwei
Amtszeiten in Folge ausreichen müssen, war lediglich Putins
Marionette. Laut Gesetz dürfte für Putin 2024 endgültig Schluss sein.
Der Autokrat würde sicher dennoch einen Trick finden, sich die Macht
zu sichern, aber es wird zumindest schwerer für ihn. Innen-, wie
außenpolitisch schwindet der Rückhalt. Sieben Kandidaten treten gegen
Putin an. Doch der einzige, der ihm wirklich gefährlich hätte werden
können – Rechtsanwalt und Aktivist Alexei Nawalny – wurde vorsorglich
kaltgestellt. Russische Behörden überziehen Oppositionelle seit
Wochen mit Durchsuchungen und Arreststrafen. Aus europäischer
Perspektive und nach demokratischen Kriterien macht diese Wahl ganz
Russland zum Verlierer. Überhaupt ist fraglich, welches Gewicht eine
Entscheidung hat, die einen Großteil der Millionen Wahlberechtigten
nicht interessiert. Das liegt natürlich an dem vorbestimmten
Ergebnis, aber auch daran, dass es vielen Menschen nicht mehr so gut
geht, wie zu Beginn von Putins Herrschaft. Innenpolitische
Entbehrungen, die zum Beispiel ein vollkommen marodes
Gesundheitssystem mit sich bringen, konnten die Russen verschmerzen,
solange ihr Präsident in der Welt erfolgreich den starken Mann
markierte. Für die Annexion der Krim erntete Putin international
Kritik, im eigenen Land aber Beifall. Doch inzwischen gehen ihm die
Versprechen aus. Der Streit mit den USA über die russische
Einmischung in den Wahlkampf und der Nervengas-Anschlag auf den
Ex-Spion Sergej Skripal in Großbritannien lassen sich zuhause schwer
als Heldentaten verkaufen. Darum sind Gegenkandidaturen bei der Wahl
zwar aussichtslos, aber nicht sinnlos. TV-Star Xenia Sobtschak brach
im Wahlkampf Tabus, bezeichnete die Übergriffe auf die Ukraine als
Unrecht. Die 36-Jährige könnte die erste sein, in einer Reihe junger
Politiker für ein neues Russland nach Putin.

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