neues deutschland: Innenminister Friedrich und der Datenschutz: Der Techniker

Es gibt politische Begriffspaare, die sind trotz
offenkundigen Widerspruchs einfach nicht totzukriegen: SPD und
sozialdemokratisch. Außenpolitik und wertegeleitet. Verfassungsschutz
und Verfassungsschutz. Datenschutz und Hans-Peter Friedrich hat sich
hingegen noch nicht so richtig durchgesetzt. Dabei offenbarte der
Innenminister erst diese Woche wieder seine Affinität zu aktuellen
technischen Fragen: Mehr Antivirenprogramme forderte er angesichts
des Ausspionierens jeglicher Information, die irgendein deutsches
Kabel passiert. Die »technischen Möglichkeiten zur Ausspähung«
existierten »schließlich einmal«. Nun mag man sich aufregen, dass
eigentlich der Innenminister und nicht McAfee und Norton zuständig
seien für die Wahrung der grundgesetzlich geschützten Privatsphäre.
Doch hat sich die schwarz-gelbe Regierungspolitik dank »technischer
Möglichkeiten« längst vom Ballast Jahrzehnte alten Grundrechtsblablas
befreit: Polizeigewalt in Frankfurt? Knüppel und Tränengas gibt es
nun einmal! Waffen an Qatar und Saudi Arabien? Panzer existieren eben
seit eh und je! Fremdenfeindliche Parolen gegen Migranten? Die
Technik des rassistischen Aufwiegelns ist doch quasi deutsches
Kulturgut! Dass allerdings auch die technisch versiertesten
Grundrechtsgegner irgendwann an ihre Grenzen stoßen, zeigten in den
letzten Wochen Millionen demonstrierender Technikmuffel in Kairo,
Istanbul und Rio. Und auch das sonst eher technikfeindliche deutsche
Grundgesetz bietet von Versammlungs- bis Widerstandsrecht ein
passendes Antivirenprogramm.

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