Neues Deutschland: Koalitionsgespräche in Berlin: Fein raus

Nicht die A 100 lässt Rot-Grün in Berlin scheitern.
Die Stadtautobahn ist nur der sinnfälligste Ausdruck für ein
pragmatisches Vorgehen des starken Mannes im Roten Rathaus. In seinem
Sinne unideologisch und nur machtpolitisch betrachtet, kommt es in
Berlin so, wie es für ihn wohl kommen soll: zu einer soliden
Regierungsmehrheit und Sicherheit für die großen Strukturvorhaben.
Vermieden werden eine höchst unsichere Mehrheit sowie anhaltender und
rufschädigender Zank um Millionen- und Milliardenprojekte. Der hatte
ja schon begonnen.

Klaus Wowereit hat sogar noch nachsondiert, doch zu keinem
Zeitpunkt von seinem Ziel abgelassen, das höchstmögliche Maß eigener
Politik durchzusetzen. Mit den Grünen war nicht einmal ein Kompromiss
möglich. Also muss es nun wohl mit Rot-Schwarz weitergehen. Gilt er
auch als Linker, bleibt der SPD-Spitzenmann doch vor allem kühler
Pragmatiker. Auch demonstrative soziale Ausrichtungen sind durchaus
nicht streng parteigebunden.

Die Grünen ihrerseits haben nichts unversucht gelassen, den
Ausstieg der SPD erklärlich zu machen. Kraftmeiernd zur Schau
gestelltes Selbstbewusstsein und wortklauberische Rechthaberei in der
Deutung eines schwierigen Kompromisses ließen sie als auf Dauer
koalitionsunfähig erscheinen. So lässt sich die Kehrtwende sogar den
Linken in der SPD begründen. Damit ist Wowereit vielleicht fein raus.
Die SPD aber dürfte nach einem Jahrzehnt nur wieder dort landen, wo
sie einst aufbrach. Ob Schwarz-Rot oder Rot-Schwarz – die große
Koalition droht zurückzukehren.

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