neues deutschland: Kommentar: Gülle zum Trinken?

Wer einen Wassersprudler besitzt, kennt die Aromen,
mit denen man das Leitungswasser geschmacklich aufpeppen kann. Von
der Geschmacksrichtung Gülle hat man dabei bisher nicht gehört.
Dennoch ist es Tatsache, dass seit Jahren Bestandteile der zum Zwecke
der Düngung auf den Feldern verteilten Gülle in Bächen, Flüssen und
im Grundwasser landen. Grund ist die Massentierhaltung, bei der viel
zu viele Tiere auf viel zu kleinen Flächen leben müssen und bei der
täglich massenweise nitrathaltige Gülle anfällt, die großzügig auf
den Anbauflächen ausgebracht wird. Das missfällt nicht nur Fischen,
Pflanzen und den Kläranlagenbetreibern, die das Nitrat mühsam aus dem
Wasser filtern müssen, damit es nicht im Trinkwasser landet, sondern
veranlasste die EU-Kommission auch zu einer Klage gegen Deutschland.
Seit Donnerstag steht fest, dass die Bundesrepublik die Grenzwerte
trotz Mahnungen jahrelang nicht einhielt und die Wasserqualität nicht
ausreichend schützte. Nun drohen Strafzahlungen – die am Ende wohl
die Verbraucher zahlen müssten, weil der politische Einfluss der
Agrarindustrie den der Verbraucher erfahrungsgemäß weit übersteigt.
Noch schlimmer ist, dass auch die seit 2017 geltende neue
Düngeverordnung das Nitratproblem nicht löst. Zu viele Ausnahmen und
fehlende Kontrollen lassen den Landwirten Spielraum für weiteren
gedankenlosen Umgang mit Düngemitteln – es ist zu hoffen, dass die
Geschmacksrichtung Gülle nicht doch noch kommt.

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