neues deutschland: Kommentar zu den anstehenden Gesprächen von Union und SPD: Der Sargnagel

Die SPD macht nicht den Eindruck, als hätte sie den
Ernst der Lage erkannt, in der sie sich befindet. Obwohl der Partei
die Wähler in Scharen davonlaufen, wird es vorerst keine grundlegende
programmatische und personelle Neuaufstellung geben. Dieser Prozess
war ohnehin nie im Interesse von einigen Vertretern der SPD-Spitze,
die ihre Partei- und Ministerposten gerne behalten möchten. Für sie
kommt es nicht ungelegen, dass ihr Bundesparteitag nun beschlossen
hat, dass »ergebnisoffene« Gespräche mit der Union über eine
Regierungsbildung geführt werden sollen. Diese Verhandlungen werden
nicht einfach. Deswegen ist zu befürchten, dass in der SPD wieder
einmal die Geschlossenheit über allem stehen wird. Auf dem Parteitag
war dies in Ansätzen bereits spürbar. Eine schonungslose Aufarbeitung
des Bundestagswahldebakels und allzu heftige Kritik am
Spitzenpersonal sind dort ausgeblieben.

Doch endgültig entschieden ist noch nichts. Die Sozialdemokraten
haben die Option, die Gespräche mit der Union abzubrechen, in die
Opposition zu gehen oder Neuwahlen in Kauf zu nehmen. Ansonsten
können nur die SPD-Mitglieder eine Große Koalition oder eine enge
Kooperation mit der Union verhindern. Dafür gibt es viele gute
Gründe. Denn jedes schwarz-rote Modell wäre ein weiterer Sargnagel
für die SPD. Außerdem muss bedacht werden, dass vielen Asylbewerbern,
Geringverdienern, verarmten Rentnern und Erwerbslosen weiterhin harte
Zeiten drohen, wenn die bisherige Politik fortgesetzt wird.

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