neues deutschland: Kommentar zur Einigung zwischen SPD und Union zum Familiennachzug

Der »Kompromiss« zum Familiennachzug ist eine
Lösung für die Verhandlungspartner von Union und SPD, nicht für die
betroffenen Menschen. Ein Kontingent von jeweils 1000 Menschen
monatlich darf zu den Familienangehörigen in Deutschland einreisen,
die hier als Flüchtlinge mit minderem Schutzstatus untergekommen
sind. Härtefälle sollen diese Zahl nach oben öffnen können. Wie
selten deutsche Behörden einen Härtefall erkennen und anerkennen, ist
allerdings an der Praxis der letzten zwei Jahre deutlich geworden, in
denen diese Härtefallregelung schon galt. Beispiele, dass Behörden
Härtefälle anerkannten, waren absolute Ausnahme. Da galt letztlich
die gleiche Härte, die auch Union und SPD leitet, wenn sie per Gesetz
unterstellen, dass vom Krieg auseinandergerissene Familien nicht in
jedem Fall Härtefälle sind.

Die SPD hat gezeigt, was von ihr als fortschrittlichem Korrektiv
in einer Großen Koalition zu halten ist. Man verlasse sich besser
nicht darauf. Und gerade hatte sie einmal alle taktischen Mittel in
der Hand, ihren Willen durchzusetzen. Denn mit dem Gesetzentwurf, der
die Aussetzung des Familiennachzugs bis Juli verlängern will, stand
die Union im Bundestag arg unter Druck, weil die bisherige Frist
abläuft. Dies nicht genutzt zu haben, kann man der SPD als noble
Geste anrechnen – wenn man CSU-Politiker ist. Wenn man Betroffener
oder auch Delegierter des letzten SPD-Parteitags ist, kann man kaum
anders, als sich betrogen zu fühlen. Eine Stichprobe auf den
Opportunismus der SPD: Leute, die auf sie bauen, werden im Stich
gelassen.

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