Neues Deutschland: Scheinstreit – Kommentar zur Debatte ums Betreuungsgeld bei Schwarz-Gelb

Gibt es eine Krise in der Koalition, hängt
Schwarz-Gelb im Bund, wie die FAZ im Laufe des gestrigen Tages
meinte, am »seidenen Faden« des Betreuungsgeldes? Eine Mehrheit der
Kommentatoren scheint zu wünschen, dass dieser Faden jetzt reiße: Man
brauche wieder eine »handlungsfähige Regierung«. Womit nur jene
Neuauflage von Schwarz-Rot gemeint sein kann, die von der SPD bereits
vorbereitet wird.

Dabei handelt die Regierung, die selbstverständlich keine
Neuwahlen zulassen wird, tatsächlich äußerst effektiv. Mit der
EU-weiten »Schuldenbremse« wird die Politik der Umschichtung nach
oben, die die Krise ausgelöst hat, zur Maxime erhoben. Mit ihrer
rassistischen Erzählung über Faulenzer im europäischen Süden hat die
Regierung die Gefolgschaft der Stammtische wiederhergestellt. Durfte
man vor zwei Jahren hoffen, die verlogene Saga von der schwäbischen
Hausfrau habe ausgedient, werden heute nur noch Feuilletondebatten
geführt, die nun wirklich niemandem wehtun.

Eine säkulare Krise des Kapitalismus wird erledigt – ohne jeden
Riss in seiner Hegemonie. Das ist, bei Licht betrachtet, eine reife
Leistung des geschäftsführenden Ausschusses der Geldeliten in diesem
Land. Dass bei dem Mammutwerk zur Rettung des Kapitalsystems der eine
oder andere Kleinkram liegen bleibt, verwundert wenig. Fast ist der
Eindruck zu gewinnen, dies geschehe mit Absicht: An irgendetwas muss
sich der Michel ja das Mütchen kühlen. Wieso also nicht an einem
endlosen Scheinstreit über das sogenannte Betreuungsgeld.

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