Gestern hat Peer Steinbrück zurückgeschlagen. »Das
ist das Programm des Kandidaten und der Partei«, depeschierte er
nicht zuletzt an seinen ehemaligen Kieler Mitstudenten und heutigen
Provokateur vom Dienst, Wolfgang Kubicki. Der hatte den
SPD-Kanzlerkandidaten auf dem FDP-Parteitag als »arme Sau«
bezeichnet. Ganz abgesehen davon, dass das mit der Armut bei
Steinbrück, wie wir wissen, nicht ganz so schlimm ist und auch
abstrahiert von der verbalen Entgleisung – die Malaise für den
obersten sozialdemokratischen Wahlkämpfer ist offensichtlich. Er, der
nicht müde wird, die Agenda 2010 zu verteidigen, mit der die SPD
nicht nur Macht und Vertrauen, sondern Hunderttausend Mitglieder
verlor, geriert sich jetzt als die ach so soziale Alternative,
derweil Ex-Kanzler Gerhard Schröder schon mit einer Agenda 2020
droht. Steinbrück, der als Finanzminister in der Großen Koalition für
manch falsche finanzpolitische Weichenstellung bei Krisenbeginn
verantwortlich ist, spricht heute von der Bändigung des
Finanzkapitalismus, derweil Banker längst wieder ihre Boni in
Waschkörben nach Hause tragen. Bleiben SPD und Kandidat bei den wenig
erfolgversprechenden Umfragewerten, wird das jedenfalls nicht
zuvorderst dem Hang Steinbrücks zu diversen Fettnäppchen geschuldet
sein und auch nicht seinem angeblichen Klare-Kante-Stil. Mann wie
Partei haben ein Glaubwürdigkeitsproblem, das auch nicht
verschwindet, wenn sie ihr Wahlprogramm zur Herzensangelegenheit
erklären.
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