Die Alma Mater hat noch nicht geprüft, doch mit dem
»Angebot« Guttenbergs, den Titel »zurückzugeben«, ist es wohl
amtlich: Ein Bundesminister, Repräsentant dieses Landes und
Befehlshaber seiner Armee hat sich einen akademischen Grad
erschwindelt. Für die Kanzlerin ist diese Lage eigentlich sogar
komfortabel: Der Mann, der ihr schon als Nachfolger präsentiert
wurde, leckt einstweilen ihre Hände. Und die Sorge um den Stammtisch
übernimmt »Bild« mit einer beispiellosen Kampagne. Alles paletti, mag
Merkel denken, wer wird 2012 noch über Fußnoten reden? Hier aber
könnte sie irren. Merkel täte gut daran, genau zu verfolgen, wer da
neben der Opposition allmählich noch zu grummeln beginnt: emeritierte
Juraprofessoren, Germanisten, konservative Politologen.
Repräsentanten des Bildungsbürgertums und seiner traditionellen
Werte: Ehre, Hilfsbereitschaft, Bescheidenheit – und Bildung um der
Bildung willen. Schon der forsche Außenminister hat mit seiner
peinlichen Tirade vom allgemeinen Untergang durch »spätrömische
Dekadenz« nicht nur die Armen beleidigt, sondern auch seine
historische Unbelesenheit demonstriert. Der Bildungsbürger dachte
sich seinen Teil – und wird das nun wieder tun, da Guttenberg die
Sitten verspottet. Laut wird es nie werden am Mittagstisch der
Bildungsbürger. Aber man könnte auf den nächsten Urnengang
verzichten.
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