Manchmal ist dieser Bundestag für Überraschungen
gut. Nicht, weil die gestrige Debatte über Gentests an Embryonen
emotionaler ablief als andere, sondern weil diese Emotionen nicht
dazu dienten, Parteilinien zu verteidigen oder Fakten zu verschleiern
– wie wir es gewöhnt sind. Und weil eine Entscheidung fiel, die
Gewissen nicht gegen Wissen ausspielte. Übrigens ein Zitat der
CDU-Abgeordneten Ursula von der Leyen, deren familien- oder
arbeitspolitische Vorstellungen einem schon manchmal die Haare in
Senkrechtposition treiben konnten. Gestern stritt sie engagiert,
kenntnisreich und sachlich für die PID, für verantwortungsvolle
Eltern und Ärzte sowie gegen die Entmündigung der Menschen durch ein
Verbot, künstlich erzeugte Embryonen auf schwere Gesundheitsschäden
zu untersuchen. Die Befürchtung einiger Politiker, diese
Entscheidung könne künftig behinderte Menschen dazu zwingen, ihre
Existenzberechtigung zu verteidigen, dürfte übertrieben sein. Dies
ist in Ländern, die solche Gentests seit langem erlauben, nicht zu
beobachten. Sehr wohl zu beobachten ist allerdings das Desinteresse
deutscher Politiker, wenn es nicht um so ein religiös verbrämtes
Thema wie den Beginn des Lebens geht, sondern um den Alltag
behinderter Menschen. Das kann man sicher wieder heute Nachmittag
sehen, wenn es im Plenum um die UN-Behindertenrechtskonvention geht,
die in Deutschland seit Jahren auf ihre Umsetzung wartet.
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