NRZ: Abgang ohne Abrechnung/Die seltsame Jubelfeier der FDP für Guido Westerwelle

Die FDP war sich in den Wochen vor Rostock so sehr
selbst genug, dass es fast schon unheimlich wurde. Sie war ihr
eigener kleiner Kosmos, in der die Außenwelt als lästiger Störenfried
empfunden wurde. Nur so ist das sorgfältig inszenierte Schauspiel zu
erklären, dass den im Volk mit Abstand am schlechtesten beleumundeten
Außenminister seit Beginn der Republik geradezu als Helden der
liberalen Arbeit von der Parteibühne abtreten ließ. Kein wahres Wort
über die schnoddrige Marktradikalität, für die Westerwelle stand.
Kein Wort über die nervtötende Mehr-Brutto-vom-Netto-Litanei. Kein
Wort über die schleichende Miniaturisierung einer FDP, in der sich
Anhänger eines offenen Rechtsstaats, in dem Solidarität und soziale
Gerechtigkeit nicht als Teufelszeug gelten, zeitweilig wie
Heimatvertriebene fühlen mussten. Stattdessen „Danke,Guido!“ Mag
sein, die Liberalen hatten einfach Lust auf Wattebäuschen. Das geht
in Ordnung, solange man sich der suggestiven Kraft auf Parteitagen
beugt. In der Welt da draußen schütteln viele den Kopf über eine FDP,
die ihre dominierende Figur erst sturmreif redet, dann Stück für
Stück vom Sockel holt, um ihr zum erzwungenen Abgang ein
Danke-Guido-Denkmal zu bauen.

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