NRZ: Ein Exodus droht – Kommentar zu Kuba von Dirk Hautkapp

Wenn sich auf Kuba Bedeutsames tut, schaut
TV-Amerika auf „Versailles“. Das gleichnamige Café in Miami ist der
Marktplatz von Little Havanna, die Hochburg der konservativen
Exil-Insulaner und Fidel Castro-Hasser. Gestern flossen dort vor
laufenden Fernsehkameras die Tränen. Die ab Januar geltende
Reisefreiheit für elf Millionen Kubaner ist nach 50 Jahren Quarantäne
ein historischer Grund zur Freude. Raúl Castro, seit Fidel der starke
Mann, beugt sich einer Wahrheit, die schon Erich Honecker lernen
musste: Ein Volk lässt sich nicht ewig einsperren. Mit der
Abschaffung der verhassten „carta blanca“, der weißen Karte, die für
unerschwingliche 150 Dollar gekauft werden musste, um das Land für
kurze Zeit verlassen zu können, geht die Führung ein großes Risiko
ein. Auch wenn sie weiter inhuman ist und wichtiges Humankapital
(Ärzte, Ingenieure, Lehrer) und wohl auch Oppositionelle von den
Lockerungen ausnimmt. Kommt die Wir-wollen-raus-Welle einmal richtig
ins Rollen, ist ein Exodus nicht auszuschließen. Die USA werden dabei
diskret mithelfen.

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