Nach dem gestrigen Attentat der sunnitischen und
sich zugleich zu El Kaida bekennenden „Abdallah-Assam-Brigaden“ auf
die iranische Botschaft in Beirut ist der Libanon noch tiefer in den
Strudel des Syrien-Krieges gezogen worden. Schon jetzt leben 1,5
Millionen Syrer im Libanon – tief gespalten in Anhänger und Gegner
des Baath-Regimes. Der Libanon ist aber auch Heimat der mit Iran
verbündeten schiitischen Hisbollah, deren Miliz Syriens Machthaber
Assad im Kampf gegen die meist sunnitischen Rebellen unterstützt.
Zuletzt immer erfolgreicher. Der blutige Anschlag ist daher mit
Sicherheit auch ein Racheakt für die „Waffenbrüderschaft“ zwischen
Hisbollah und syrischer Armee. Dem Zedern-Staat selbst droht
vielleicht ein neuer Bürgerkrieg, dem die Gesellschaft wenig
entgegenzusetzen hätte. Der Libanon ist im Grunde ein armes Land mit
neureicher Hauptstadt. Die Armee ist schwach. Und der religiöse
Proporz – nach dem politische Spitzenposten in der libanesischen
Demokratie mit 18 anerkannten Religionsgemeinschaften vergeben werden
– ist überholt. Seit 80 Jahren gab es keine Volkszählung mehr. Die
syrische Flüchtlingskrise droht das angeschlagene Gleichgewicht
völlig aus dem Lot zu bringen und „Gottes prächtiges Werk“ in einen
Machtkampf unter den Bannern der Religion zu führen. Doch schon Kurt
Tucholsky wusste: „Wer Krieg im Namen Gottes führt, ist stets des
Teufels.“
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Thomas Pult
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