Philipp Rösler, geboren am 24. Februar 1973 in
Khánh Hung, Südvietnam, eine beispielhafte Integrations-Figur, bricht
auf zu neuen Ufer. Der künftige FDP-Chef ist das ungeliebte
Gesundheitsministerium (Vorgängerin Ulla Schmidt nannte es „die Torte
im Gesicht“) los und hat als Wirtschaftsminister immer die Chance,
eine gute Figur abzugeben.
Bemerkenswert im Nachhinein, wie überaus schwierig es für Rösler
war, seine geplante und nach Einschätzung aller politischen Auguren
unvermeidlich notwendige neue Personalaufstellung umzusetzen. Da
hatten sich einige FDP-Granden geradezu in ihren Sessel gekrallt.
Anderes Bild: Pattex-Politiker. Es dauerte, bis Rainer Brüderle vom
geliebten Ministerium abließ und Birgit Hombacher vom
Fraktionsvorsitz. Das war Röslers erste Bewährungsprobe. Die hat er
ziemlich souverän gemeistert.
Und er hat jetzt mit Daniel Bahr, Christian Lindner und Stefan
Kapferer ein loyales Trio um sich geschart. Das macht das Arbeiten
leichter in Berlin, wo nur die Frage ist: Schlangengrube oder
Haifischbecken? Personell sind die Freidemokraten vor dem Rostocker
Parteitag neu aufgestellt. Inhaltlich fängt die Arbeit jetzt erst an.
Rostock ist auch der Beginn der Nach-Westerwelle-Ära. Das kann man
so sagen. Denn gefühlt folgt nach der Ära Genscher bei den
Freidemokraten die Ära Westerwelle. So sehr hat er seiner Partei den
Guido-Stempel aufgedrückt, dass man all die Namen, die
Leitungsfunktionen innehatten, noch einmal nennen muss, um sie der
Vergessenheit zu entreißen: Martin Bangemann, Klaus Kinkel, Irmgard
Adam-Schwätzer, Jürgen Möllemann, Wolfgang Gerhardt. Schon
erstaunlich, wie schnell das ging. Und Guido Westerwelle war immer
da.
Vor Westerwelle war Hans-Dietrich Genscher die personifizierte
FDP. Und gefühlte 30 Jahre Außenminister. Gensch-man: Heute
hochgeachtet als Elder Statesman. Als Außenminister der alten
Republik war sein Gestaltungsradius vor der Wiedervereinigung kleiner
als für seine Nachfolger. Er hat das Beste daraus gemacht. Sogar den
fliegenden Wechsel von der SPD zur CDU hat er einigermaßen leidlich
hinbekommen. Ich fürchte, Westerwelle wird den Genscher-Status nicht
erreichen. Auch er wollte unbedingt Außenminister und Vizekanzler
werden. Als Genscher da angekommen war, begann sein Aufstieg. Als
Westerwelle da angekommen war, begann sein Abstieg.
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