Die deutschen Kinderkliniken beklagen eine
gefährliche personelle Unterbesetzung aufgrund struktureller
Unterfinanzierung. Das berichtet das ARD-Politikmagazin „Report
Mainz“ (heute um 21.45 Uhr im Ersten). Andreas Wachtel,
Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft der Kinderkrankenhäuser und
Kinderabteilungen in Deutschland, erklärt: „Die Fallpauschalen bilden
nicht annähernd ausreichend ab, was an Besonderheiten der Kinder- und
Jugendmedizin erforderlich ist, vor allem nicht den höheren
Personalaufwand.“ Für die Behandlung kranker Kinder werde 30 Prozent
mehr Zeit und Personal benötigt als für erwachsene Kranke. Dieser
Mehraufwand für Beratung, Trost und Betreuung kleiner Patienten werde
oft nicht vergütet.
Nach Recherchen von „Report Mainz“ lehnen Kinderkliniken zeitweise
die stationäre Aufnahme von Patienten ab, weil deren sichere
Versorgung mangels Personal nicht mehr gewährleistet wäre. So
beklagen die niedergelassenen Kinder- und Jugendärzte in Mannheim,
dass die Kinderklinik Mannheim im vergangenen Winter 150 kranken
Kindern die Aufnahme verweigert habe. Auf eine ambulante Behandlung
warteten Kinder oft monatelang.
Die Universitätsmedizin Mannheim bestreitet, dass es zu besonderen
Engpässen komme, und erklärt in einer Stellungnahme, dass „Kinder mit
kritisch erscheinendem Gesundheitszustand in der Klinikambulanz rund
um die Uhr versorgt werden können“. Ein Arzt der Kinderklinik
Mannheim sagt in „Report Mainz“ dagegen: „Wir müssen jeden Tag aufs
Neue schauen, ob wir noch Patienten aufnehmen können, und es passiert
durchaus, dass wir an die Grenzen kommen: die Grenzen der
Verantwortbarkeit. Dann können auch mal fünf Betten leer stehen, weil
einfach das Personal dazu fehlt.“
Hildegard Wewers vom Berufsverband Kinderkrankenpflege Deutschland
warnt in „Report Mainz“: „Es ist eine sehr große Gefahr, dass die
Kinder wirklich nicht vernünftig versorgt werden können, dass man sie
abarbeitet, dass die fachliche Kompetenz nicht mehr da ist, dass man
Diagnosen oder Symptome übersieht, und die Kinder sind letztendlich
in Gefahr.“ Hildegard Wewers kritisiert: „dass es unmenschlich wird
und vor allem nicht kindgerecht und nicht familiengerecht“.
Das Bundesgesundheitsministerium teilte „Report Mainz“ dagegen auf
Anfrage mit, im Abrechnungssystem habe sich „die sachgerechte
Vergütung der Versorgung von Kindern kontinuierlich verbessert“. Dem
widerspricht Andreas Wachtel: „Das klingt für mich wie blanker Hohn,
allen Beteiligten ist ja wohl klar, dass die Besonderheiten der
Kinder- und Jugendmedizin in keinster Weise sinnvoll und ausreichend
abgebildet ist. Es wird billigend vom Ministerium in Kauf genommen,
dass die Existenz großer Teile der Kinder und Jugendmedizin gefährdet
ist.“
Weitere Informationen finden Sie unter www.reportmainz.de. Zitate
gegen Quellenangabe frei. Fragen bitte an „Report Mainz“, Tel.
06131/929-33351.