Die Macht der Assads in Syrien gründet auf
einer loyalen Armee, einem ausgefeilten Bespitzelungssystem und dem
Terror von Polizei und Schlägerbanden. Aber der wahre Kitt, der das
Regime seit Jahrzehnten zusammenhält, sind die biederen Bürokraten
der Baath-Partei. Deswegen ist es so bemerkenswert, dass sich mit dem
Vize-Ölminister jetzt erstmals ein hochrangiges Mitglied dieser Kaste
öffentlich von dem Diktator lossagt. Bisher waren es vor allem
Soldaten der niederen Ränge, die – vor die Wahl gestellt, auf das
eigene Volk zu schießen oder zu türmen – massenweise desertierten.
Ärgerlich für Assad, aber keine ernsthafte Gefahr. Wenn nun aber auch
die Privilegierten von der Fahne gehen, könnte das der Anfang vom
Ende des Systems Assad sein. Auch Gaddafis Ende zeichnete sich ab,
als sich die ersten hohen Funktionsträger ins Ausland absetzten. Noch
lassen sich die Auflösungserscheinungen des syrischen Regimes nur
erahnen. Trotzdem sollten sich auch Assads Verbündete genau
überlegen, wie lange sie dem brutalen Diktator noch die Stange
halten. Der Iran wird wohl mangels Alternativen bis zum blutigen Ende
an Assad festhalten. Aber Russland und China, die seit Monaten im
UN-Sicherheitsrat ihre Hand über Assad halten, wären gut beraten,
ihre Politik zu überdenken. Sie führt in die Sackgasse – und
verlängert das Leiden der Syrer.
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