Rheinische Post: Auf dem Weg nach Kerneuropa

Bevor die Ergebnisse des Gipfeltreffens von
Kanzlerin Merkel mit Frankreichs Staatspräsident Sarkozy zu Tode
analysiert werden, bleibt festzuhalten: Die in den großen Linien
übereinstimmende Haltung der beiden führenden Politiker Europas ist
das wichtigste Ergebnis. Merkel und Sarkozy haben gewiss manches im
Ungefähren gelassen und vieles nur angestoßen. Sie signalisieren
jedoch, dass sie endlich willens sind, gemeinsam zu handeln. Ihr Weg
wird zu einem Kerneuropa führen müssen, also zu einer europäischen
Staatengemeinschaft der 27, in der Deutschland und Frankreich –
besser gesagt: ihre jeweiligen Regierungschefs – eine dominantere
Rolle als bislang spielen. Dies widerspricht zwar dem Europabild
jüngeren Datums, das allen Mitgliedsstaaten unabhängig von ihrer
Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft gleichen Einfluss einräumen
wollte, was etwa in der auf 27 Mitglieder aufgeblähten Kommission
seinen Ausdruck findet. Europa darf jedoch keine politische
Gesamtschule sein, in der die Schwächeren das Niveau bestimmen. Die
Zentralmächte der Vereinigten Staaten von Europa müssen den Takt
vorgeben. Das ist nicht chauvinistisch gedacht, sondern eine Lehre
aus der Erfolgsgeschichte Europas. Diese lässt sich nur
fortschreiben, indem der Kontinent seine heterogene Struktur in
seiner Willensbildung widerspiegelt.

Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2303