Rheinische Post: Erst kürzen,dann entlasten

Ein Kommentar von Birgit Marschall:

Politisch ist es völlig rational, wenn Angela Merkel nun dem
Drängen der FDP nachgibt und grünes Licht für Steuersenkungen im
übernächsten Jahr gibt. Die in Umfragen bei nur drei bis fünf Prozent
dümpelnde FDP braucht dringend eine Erfolgsmeldung. Sie muss endlich
„liefern“, das weiß keiner besser als der neue Parteichef Philipp
Rösler. Doch auch Merkel selbst braucht dringend eine positive
Nachricht. Nicht nur die Wirtschaft zeigt sich mittlerweile tief
enttäuscht von der Kanzlerin. Ihr Zickzack-Kurs in der Atom- und
Klimapolitik, ihr unsicheres Wirken in der europäischen Schuldenkrise
hinterlassen Spuren. In der Gunst der Top-Manager hat Merkel bereits
bedenklich verloren, wie eine Umfrage in dieser Woche gezeigt hat.
Ökonomisch vernünftig werden Steuerentlastungen aber erst, wenn es
sehr, sehr wahrscheinlich geworden ist, dass Bund und Länder ihre
Strukturdefizite in den kommenden Jahren deutlich reduzieren können.
Noch klaffen in der Finanzplanung Milliardenlöcher. Die Energiewende
etwa führt zu hohen Einnahmeverlusten. Die Griechenland-Rettung
könnte den Staat bald zweistellige Milliardensummen kosten. Erst muss
die Etatkonsolidierung stehen, dann können kleinere Steuergeschenke
verteilt werden. Das bedeutet: Die Koalition wird erst Ausgaben
kürzen müssen, bevor sie Steuern senkt.

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