Rheinische Post: Europas Grenzen

Ein Kommentar von Anja Ingenrieth:

Armes Europa. Der Euro wackelt, und nun ist auch noch die
Reisefreiheit ist in Gefahr. Damit zeigen zwei Grundpfeiler der EU
bedenkliche Risse. Schließlich ist die Freizügigkeit ein klarer
Erfolg: Für 400 Millionen Europäer gehört sie zum gelebten und
erlebten Alltag. Nun rütteln die Dänen auf Druck der Rechtspopulisten
an diesem Fundament der Integration. Sie wollen die Landesgrenze zu
Deutschland sowie die Häfen mit Schiffsverbindungen nach Schweden
wieder kontrollieren, angeblich um die grenzüberschreitende
Kriminalität einzudämmen. Bislang darf ein Schengen-Land nur dann
vorübergehend wieder Schlagbäume errichten, wenn die öffentliche
Sicherheit etwa bei Mega-Ereignissen wie einer Fußball-WM gefährdet
ist. Brüssel wollte jetzt weitere Ausnahmen zulassen, die
Entscheidung über den Ernstfall aber von der nationalen auf die
EU-Ebene holen, um Missbrauch zu verhindern. Die Nationalstaaten
wollen sich aber weiter im Alleingang abschotten dürfen. Damit ist
der Geist von Schengen in höchster Gefahr. Wenn aus innenpolitischem
Kalkül grundlegende Regeln der EU so einfach ausgehebelt werden
können, verliert Europa jenen Zauber der Freiheit, der bisher seine
Stärke als Wertegemeinschaft ausmacht.

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