Rheinische Post: Frankreichs Qual

Wenn die Franzosen am Sonntag zur ersten Runde
der Präsidentenwahl an die Urnen schreiten, können sie sich noch
einmal austoben. Insgesamt zehn Kandidaten stehen zur Auswahl,
darunter auch Bewerber, die den Mars besiedeln wollen oder den Bau
einer Brücke zwischen Europa und Asien fordern. Solche Skurrilitäten
mag man belächeln. Aber auch die Programme der seriöseren Anwärter
auf das höchste Staatsamt gäben Anlass zur Heiterkeit, wäre die Lage
der zweitgrößten Volkswirtschaft Europas nicht so ernst. Die linken
Matadore versprechen das Blaue vom Himmel, während der konservative
Amtsinhaber Nicolas Sarkozy gerade so tut, als hätte er die letzten
fünf Jahre gar nicht regiert. Sparen, reformieren will keiner so
recht, lieber wird den Franzosen vorgegaukelt, die Probleme
Frankreichs ließen sich mit einer Mischung aus Protektionismus und
industriellem Patriotismus lösen. In der Stichwahl am 6. Mai treffen
voraussichtlich Sarkozy und der Sozialist François Hollande
aufeinander. Weil Hollande in den Umfragen vorne liegt, reden sich
seine Parteifreunde ein, die Franzosen begeisterten sich für ihr
Programm. Dabei wollen die meisten Wähler Hollande gar nicht; sie
wollen nur Sarkozy loswerden. Diese Wahl wird zur Qual.

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